Aus dem Archiv: „Sprich nicht leichtsinnig vom Feinde“



Carl Schmitt ist eine der großen Autoritäten des deutschen Verfassungsrechts in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. In der zweiten Hälfte gibt es niemand, der ihm im Ausdrucksvermögen für komplexe politische Sachverhalte das Wasser reicht. In der studentischen Protestbewegung von 1968 hatten die Gedanken des damals 70 Jährigen eine neue Blüte: „Schmittianimus von links“. Dies gilt vor allem für eine seiner letzten Schriften „Die Theorie des Partisanen“. Jürgen Busche, Redakteur der Süddeutschen Zeitung, berichtet anlässlich einer kürzlich veröffentlichen, aufregenden Schrift von Heinrich Meier über den: „Begriff des Politischen bei Carl Schmitt“. Politik, sagt Carl Schmitt, ist die genaue Bestimmung des Feindes. Deshalb: „Sprich nicht leichtsinnig vom Feinde“. Carl Schmitt, sagt Jürgen Busche, ist einer er neugierigsten Menschen des Jahrhunderts, er besitzt eine „imperial Neugier“. Martin Heidegger, Ernst Jünger und Carl Schmitt, drei wenig erforschte Bergwerke.

► Sprich nicht leichtsinnig vom Feinde (News & Stories vom 05.12.1994)


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► Napoleon vor Madrid

Napoleon steht in seinem letzten Glanzjahr vor Madrid. Er verkündet dort die Freiheitsrechte der Französischen Revolution. Die spanische Landbevölkerung antwortet mit Terror und Aufstand. Sie will die fremde Freiheit nicht. Das ist die Geburtsstunde des Partisanen. Die spanischen Empörer, die Napoleon das Fürchten lehrten, sind konservativ. Carl Schmitt nimmt diese Situation Napoleons vor Madrid zum Ausgangspunkt seiner berühmten Analyse des Partisanen. Vieles erinnert an das Problem, in fremden Ländern die Menschenrechte zu propagieren, z.B. heute im Irak. Oskar Negt berichtet.


► Uscita – „Die Nachricht vom Ausweg“

Unter dem Eindruck des Terrors im 21. JH, der mit den Twin Towers begann, schrieb Giorgio Agamben sein Buch: „Stasis: Der Bürgerkrieg als politisches Paradigma“. Der große italienische Philosoph unterscheidet dabei OIKOS, die Lebenswelt, POLIS, die Stadt und STASIS als den Aufstand, die Krise, den Weltbürgerkrieg. Er knüpft an die Theorien hierüber an, die auf den englischen Philosophen Hobbes zurückgehen. Auch Hegels PHÄNOMENOLOGIE DES GEISTES legt hierzu eine theoretische Grundlage, wenn in diesem Werk die Treue zur Familie im Fall der Antigone mit dem System des Staates, vertreten durch den König Kreon, in einen tödlichen Konflikt gerät.

Agamben ist darüber verwundert, dass es bis heute keine zusammenhängende Theorie des Terrors gibt. Obwohl Carl Schmitt die dazu nötigen Fragen in seiner THEORIE DES PARTISANEN längst aufgeworfen hat.

Im Zentrum von Giorgio Agambens Theorie steht der Begriff der Amnestie. Agamben stützt sich hier auf eine theologische Dimension: es geht nicht um einfaches Ausschalten einer Strafvollstreckung, auch nicht einfach um Vergessen, vielmehr wird Erinnerung umgewandelt und neues Leben ermöglicht: „Das was vollendet war, wird unvollendet gemacht.“ Die Vergangenheiten können neu angeeignet werden. Alles dies gehört zum ABC des 21. Jahrhunderts. Archäologie, sagt aber Agamben, ist die einzige Straße, die wirklich zur Gegenwart führt.

Begegnung mit Giorgio Agamben in Venedig.


► Die Allzeitigkeit des Kriegs

Immer wieder gab es eine jüngere Generation, die behauptete: Carl von Klausewitz, der Verfasser des legendären Buchs VOM KRIEGE, sei nicht mehr aktuell. Dann erweist sich, dass das Chamäleon Krieg gerade in der Moderne immer erneut seine ältesten Seiten zeigt. So gehören der U.S.-General Peträus, der im Irak und in Afghanistan führte, und der neue nationale Sicherheitsberater von Präsident Trump, General McMaster, zu den Anhängern von Klausewitz. Besonders die Schriften über den Partisanenkrieg und den bewaffneten Volksaufstand sind von größter Aktualität. Klausewitz schrieb darüber im Interesse der Aufständischen (mit denen Napoleon nie fertig wurde). Die Theoretiker der „Counter Insurgency“ interessieren sich umgekehrt dafür, wie man einer Rebellion das Wasser abgräbt.

James W. Davis, Hochschullehrer und Dean an der Universität St. Gallen über die von ihm übersetzten Schriften von Klausewitz über den „Kleinen Krieg“. Ein wichtiger aktueller Beitrag in der transatlantischen Kommunikationsbrücke. Eine Begegnung am Rande der MSC mit James W. Davis und mit den als Theorie unverzichtbaren Gedankengängen von Klausewitz, wenn man etwas gegen die „wilde Aggression“ tun will.