Schorsch Kamerun über Menschen in der Münchner Räterepublik (1919)
Auf den Alptraum des Ersten Weltkriegs antwortete in München 1918 die November-Revolution auf besondere Weise: sie begann früher als die in Berlin und sie war einfallsreicher. Im Februar 1919 wurde der Ministerpräsident Kurt Eisner von einem rechtsradikalen Attentäter ermordet. Danach wurde im April 1919 eine Räterepublik ausgerufen, deren Herrschaft etwa einen Monat lang währte. Sie wurde von der Reichswehr und dem Weißen Terror blutig niedergeschlagen. Legendäre Kämpfer in diesem Aufstand gegen den Krieg und die „alte Zeit“, die ihn hervorbrachte, waren Eugen Leviné, Oskar-Maria Graf und Ernst Toller. Der Sänger und Regisseur Schorsch Kamerun und sein Ensemble, zu dem auch der ATTAC-Chor und Josef Bierbichler zählen, hat den anarchischen Ereignissen und den in ihnen aktiven Menschen ein „Konzert zur Revolution“ gewidmet.
Musik von Carl Oesterhelt. Uraufführung in den Kammerspielen München.
► Wie sind Tote auf Urlaub! (News & Stories vom 27.12.2009)
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► Die Schlafwandler
Die Politiker Europas im Jahr 1914 nennt Christopher Clark, Historiker an der Universität Cambridge, in seinem viel diskutierten Buch: die Schlafwandler. Keiner wusste genau, was er tat. Keiner der Mächtigen strebte damals tatsächlich einen Krieg an. Aber auch keiner tat etwas, um ihn zu verhindern.
Deshalb, sagt Christopher Clark, ist nicht die Frage, wer war schuld an dem fürchterlichen Krieg, das Interessante, sondern die Frage nach dem „Wie“: Wie stolperte Europa und dann die Welt in diesen Krieg hinein?
Kann sich so etwas in einem Konflikt im Nahen Osten wiederholen?
Christopher Clark korrigiert die Vorstellung, dass die Rivalitäten zwischen den Hauptmächten Deutschland, Frankreich und England die hauptsächlichen Auslöser der historischen Katastrophe waren. Die wichtigsten Ursachen entstanden in der Peripherie, nicht im Zentrum. Das Zündeln begann mit Italiens Angriffen auf den Besitzstand des Osmanischen Reiches. Das ermutigte die Balkankriege.
Das Minengelände lag im Südosten, wo mit einem Königsmord im Jahr 1902 sich die „Schwarze Hand“ bildete, die das Attentat von Sarajewo organisierte. Dem verwirrenden Knäuel von Problemen und Absichten war keine der Regierungen Europas gewachsen. Das Erschreckendste und Spannendste an der Darstellung von Christopher Clark: der Schritt in den Abgrund erfolgte nicht auf dem Höhepunkt einer Krise (die gab es in den Vorjahren), sondern in einer Phase der Entspannung. Weil keiner glaubte, dass es ernst wird, wurde es ernst.
► Ein Futurist des Krieges
John Frederick Charles Fuller, der spätere britische General und Militärtheoretiker des Bewegungskrieges war im Jahr 1900 zweiundzwanzig Jahre alt. An dem ersten Masseneinsatz von Panzern im 1. Weltkrieg, der Schlacht von Cambrai, war er beteiligt. Er war im Kriegsministerium für die Panzerwaffe verantwortlich und später Adjutant des Kriegsministers Lord Milne. Er schrieb 45 Bücher und zahllose Artikel (wie ein Journalist). Die deutschen Panzergeneräle wie Guderian oder Rommel haben seine Ideen übernommen und 1940 umgesetzt.
Eine Intelligenz wie General Fuller ist im Militär ungewöhnlich. Seine Interessen und sein Charakter erscheinen wie ein Prisma, das zahllose Ideen seiner Zeit spiegelt. Er ist ein konservativer Brite. Als Militärreformer ein Revolutionär. Er steht dem britischen Faschistenführer Mosley nahe und hat Kontakt zu dem Satanisten Alistair Crowley. Zugleich sind seine Auffassungen über die Notwendigkeit Kriege politisch und nicht als Vernichtungskrieg zu führen, also vor allem den Frieden vorzubereiten, vollkommen realistisch. Er hat futuristische Bilder gemalt und seine Analysen behandeln den Zukunftskrieg. Fullers Annahmen bleiben aber – im Gegensatz zu dem italienischen General Douhet – praktisch und wirklichkeitsbezogen. Fullers Theorien waren auch für den Kalten Krieg und sind heute für den Asymmetrischen Krieg relevant.
Der Militärhistoriker Privatdozent Dr. Alaric Searle, University of Salford, über den „Clausewitz des 20. Jahrhunderts“.
► Kampf bis zur Selbstzerstörung
Vor dem Waffenstillstand 1918, der für Deutschland den ersten Weltkrieg politisch beendete, wurden Vorbereitungen für einen Endkampf getroffen, eine Fortsetzung des Kriegs bis zum Letzten. Die Vorschläge dafür kamen von Zivilisten, ganz entgegengesetzt zu der späteren Dolchstoßlegende. Sie kamen nicht vom Militär. Prof. Dr. Michael E. Geyer, Historiker an der Universität von Chicago, berichtet über diese überraschenden Forschungsergebnisse.
► Rettet das Pferd!
Der 1. Weltkrieg ging für das Kaiserlich-Königliche Österreich-Ungarn 1918 verloren. Die Militärtierärzte jedoch, die für die Pferde zuständig waren, hatten den Krieg zuvor gewonnen. Sie hatten, was keiner für möglich hielt, mit ihrer Mallein-Augenprobe-Methode eine gefährliche Pferdekrankheit, an der der Krieg an der Pferdefront 1916 beinahe verlorengegangen wäre, besiegt. Die Pferde Österreich-Ungarns waren nie so intakt wie im Moment der Kapitulation.
Peter Berling als Oberstabstierarzt im November 1918.
► Alchemistenküche der Neuerungen
Es geht um den Protagonisten des Blitzkriegs, den General Heinz Guderian, der in der Marneschlacht 1914 eine Funkerabteilung führte; um den Philosophen Martin Heidegger, im Weltkrieg Angehöriger einer militärischen Wetterwarte, und den Sturmbataillon- und Freikorps-Führer Felix Steiner, der 1945 Berlin retten sollte.