Am 31. Januar 2015 wird der Schriftsteller und Nobelpreisträger Kenzaburō Ōe (* 1935) 80 Jahre alt. Sehen Sie dazu zwei spannende Gespräche mit dem Europäer aus Japan.
► Ich bin der Mann des grotesken Realismus
Als er 1994 aus Stockholm den Anruf erhielt, ob er den Nobelpreis annehme, war sein hirngeschädigter Sohn am Telefon und antwortete: Nein, danke.
In dem Buch, an dem er gerade schreibt, geht es um einen Sektenführer in Japan (ein Sektenführer war für die U-Bahn-Giftattentate verantwortlich). Er erkannte sich in einem anderen Menschen wieder und es ist nicht sicher, ob die verschiedenen Individualisten, sagt Kenzaburo Ōe, nicht durch unterirdische Flüsse miteinander verbunden sind. Verknüpft ist auch die Realität mit dem Antirealismus des Gefühls. Ich könnte, sagt Ōe, vor Verzweiflung oder vor Lachen sterben.
In seiner Erzählung DER STOLZ DER TOTEN (man kann auch übersetzen: „Schamlosigkeit, Üppigkeit, Luxus, Macht der Toten“, die japanischen Schriftzeichen sind vieldeutig) geht es um einen Studenten und eine Studentin, die in der Anatomie Leichen in verschiedene Becken sortieren. Der „groteske Realismus“, für den Ôe ausdrücklich den Nobelpreis erhielt, kommt zustande, weil Ôe die Risse im Gebälk der Wirklichkeit niemals zukittet. Mao Zedong und Sartre hat Ôe persönlich gekannt. Ein Gespräch von ungewöhnlichem Unterhaltungswert.
► Wie viel Unglück verträgt der Mensch?
Eine der großen Erzählungen des Nobelpreisträgers für Literatur Kenzaburō Ōe heißt: VERWANDTE DES LEBENS. Es geht um eine junge Frau, deren Mann zum Alkoholiker wird. Ihr erstes Kind ist geistig behindert. Das zweite wird von einem Lastwagen angefahren und schwer verletzt. Diese beiden Kinder begehen gemeinsam Selbstmord. Wie viel Unglück verträgt der Mensch?
Kenzaburō Ōe beschreibt in allen seinen Texten solche Hiobsschicksale. Er tut das aber mit einem beharrlichen Sinn für Komik und grotesken Realismus.
Es geht um eine Geschichte von Menschen, „die die Zukunft lieben wie eine Geliebte“. Was erhofft sich der Nobelpreisträger vom 21. Jahrhundert? Was macht ihn hoffnungsfroh? Woran schreibt er neuerdings?
Ein Europäer aus Japan. Eine spannende und informative Begegnung mit dem Nobelpreisträger aus Japan.
Die Filme sind Teil der Themenschleife:
Das mehr als 2 000 Jahre alte Japan besitzt Traditionen, die denen Europas ähneln, aber auch Traditionen, die es für uns mit viel Fremdheit ausstatten.
Filme über Tänze in Eisenschuhen, Samurai- und Business-Krieger, Manga-Cosplay, japanischen Punkrock, den Fernost-Einschlag von Goethe und Beethoven, Kamikaze und rituellen Selbstmord, japanische Dichtung, die japanische Götterwelt und Kurtisanen, die Mega-Stars der Liebeskunst.