Neu im Catch-up Service: Reuchlins unsterbliches Herz


Mark Andres Oper WUNDERZAICHEN in Stuttgart
Eine eindrucksstarke Uraufführung eines zeitgenössischen Werks an der Staatsoper Stuttgart. Uraufführungen sind selten. Diese ist ein Glücksfall. Das Werk des französischen Komponisten Mark Andre beschreibt musikalisch vier Situationen auf dem Flughafen Ben Gurion. Der Humanist Johannes Reuchlin, der das erste deutsch-hebräische Wörterbuch verfasste und die Judenverfolgung (als glänzender Kirchenjurist) verdammte („niemand darf verurteilen, was er gar nicht kennt“), im 16. Jahrhundert gestorben, ist wiedergekehrt. In der fremden Umgebung von heute hat sein Herz noch Schwierigkeiten mit dem Schlagen. Die Welt der jetzigen Menschen und die spirituelle Welt, in der Reuchlin existiert, bewegen sich wie Parallelwelten. So etwas kann überzeugend nur in einem Opernwerk dargestellt werden.
Mark Andre hat Aufnahmen der Akustik der Grabeskirche zur Basis seiner Klänge gemacht, die in der Art Luigi Nonos und Helmut Lachenmanns „unerhörte Klangräume“ erschaffen. Insofern ist die Musik ein „Wunderzaichen“ (altdeutsche Schreibweise). Das gilt auch die Handlung. Die These des Stücks: „Ein einziger Ohrenzeuge ist mehr wert als 10 Augenzeugen, wenn es um Menschen geht, die der Wahrheit zugetan sind“.
Ein Auftragswerk der Staatsoper Stuttgart. Mit Unterstützung des Wissenschaftskollegs in Berlin, des Goethe-Instituts in Tel Aviv, des Elektronikstudios des Südwestfunks Stuttgart und der Siemens-Stiftung.
Spannend und informativ.
► Reuchlins unsterbliches Herz – News & Stories, Sendung vom 15.10.2014


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► Rein Gold
reingoldElfriede Jelinek, Nobelpreisträgerin für Literatur, hat in gewaltigen Monologen und Dialogen Wagners RING DES NIBELUNGEN in Texten paraphrasiert und umgedeutet. Die Staatsoper im Schillertheater zu Berlin hat in einer kollektiven Zusammenarbeit mit Schauspielern, Sängern, dem besten Wagner-Orchester, nämlich, der Staatskapelle Berlin, unter Verwendung von Materialien aus dem RING DES NIBELUNGEN ein Gesamtkunstwerk geschaffen. Musikalische Leitung: Markus Poschner. Inszenierung: Nicolas Stemann. Dramaturgie: Benjamin von Blomberg. Kompositorisches Neuarrangement: Robert Coleman.
Wagners RING DES NIBELUNGEN setzt das Erlösungspotential der Liebe gegen Vertragsbruch und Scheitern der Götter. Daher: GÖTTERDÄMMERUNG. Elfriede Jelinek hält es für einen Irrtum, sich auf die Liebe als Erlösungsmacht zu verlassen. Götter und Liebe sind längst, lässt sie ihre Protagonisten sagen, durch das Geld ersetzt. Viel Religion steckt in diesem Geld. Die Aufführung zeigt verblüffend einprägsame Szenen, so die zwischen Siegfried, von einem Schauspieler gesungen, und Brünnhilde, von einer klassischen Sängerin gestaltet. Sie erreicht im Liebesduett das hohe C, Siegfried nicht: „No more heroes anymore“. Siegfrieds Todesmarsch reimt sich auf diesen Song von The Stranglers.
Ein verblüffendes Musiktheater-Ereignis.
Spannend und informativ.


► Schneewittchen
schneewittchenDer renommierte Schweizer Komponist Heinz Holliger schrieb die Oper Schneewittchen. Dies geschah nach einem Text von Robert Walser. In dem Text des Dichters Robert Walser treten die gleichen Personen wie im Grimm‘schen Märchen auf: Die Königin, der Jäger, Schneewittchen, der Prinz und der König. Sie sind längst schon gestorben und werden von Robert Walser neu zum Leben erweckt. Von Minute zu Minute verändern sich in dieser Oper ihre Charaktere und ihre Einstellung zueinander. Diese Metamorphosen verwandeln den Märchenstoff in eine sehr moderne Geschichte, in der es um Tochter, Mutter, Stiefmutter, Vater, Mörder, Mann und Frau, Liebe und Hass geht.
Heinz Holliger hat kongenial Robert Walser Text in eine höchst emotionale und strukturell klare Musik gesetzt. Die Inszenierung von Achim Freyer entfaltet beides, den Märchencharakter, die Modernität der Erzählung, die Musik und Walsers Worte. Die musikalische Leitung liegt beim Komponisten Heinz Holliger. Die Königin: Maria Riccarda Wesseling. Jäger: Christopher Bolduc. Schneewittchen: Anu Komsi. Prinz: Mark Milhofer. Dramaturgie: Simon Berger. Es spielt das Sinfonieorchester Basel.
Ein Großereignis zeitgenössischer Musik am Theater Basel.
Spannend und informativ.


► Ukrainische Tragödie
ukraine-tragoedieLord Byron schrieb eine Versdichtung über einen ukrainischen Herrscher im 17. Jahrhundert, der an der Unbeherrschtheit seines Charakters politisch scheiterte: eine ukrainische Tragödie. Puschkin entwickelte den Stoff weiter. Peter Tschaikowski komponierte daraus eine wenig bekannte, aber überaus starke Oper mit dem Titel MAZEPPA. Dies ist der Name jenes ukrainischen Herrschers, der alle im eigenen Lande gegen sich aufbrachte, sich mit dem Westler Karl XII. von Schweden verbündete und mit diesem von Peter dem Großen in der Schlacht von Poltawa besiegt wurde. Diese legendäre Entscheidungsschlacht, durch die die Ukraine zu Russland kam, steht im Mittelpunkt der Oper.
Der Historiker und Politologe Martin Aust kommentiert Tschaikowskis Oper. Er erläutert historische und aktuelle Hintergründe und Gegensätze auf den Gebieten, die heute West-Ukraine und Ost-Ukraine heißen, deren Ursachen bis heute wirksam sind. Der Archäologe Dr. Burkhard Böttger ergänzt diese Kommentare von der archäologischen Seite: Ukraine und Krim in der Antike.
Spannend und informativ.


► Barbara Hannigan, Sopran
hannigan-sopranBarbara Hannigan stammt aus einem Ort in Kanada, dessen Atem, Geräuschpegel und Natur den Gegenpol zu Großstädten und Opernhäusern in Europa bilden. Zugleich ist sie eine der großartigsten Soprane. Sie singt nicht nur, sondern kann tanzen und dirigiert das Concertgebouw Orchester in Amsterdam.
Es ist ein Glücksfall, dass dieses Multitalent für die Aufführung der Oper DIE SOLDATEN von Bernd Alois Zimmermann an der Bayerischen Staatsoper München gewonnen werden konnte. Auf Anhieb war sie Liebling des Publikums. Durch ihre Verbindung von Gesang und Darstellung. Sie singt die Marie, ein 15-jähriges Mädchen von unbezwinglichem Lebenswillen, das von der sie umgebenden Männerwelt ruiniert wird.
Der Kritiker der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG schrieb zur Premiere: „Ein absoluter Glücksfall im Opernbetrieb“. Ein Portrait von Barbara Hannigan.
Spannend und informativ.