In 6.000 Jahren der landwirtschaftlichen Revolution, die die modernen Menschen hervorgebracht hat, haben sich Gewalt und Grausamkeit als finale Mittel des sozialen Handelns erwiesen, sobald es ums eigene Überleben geht. Diese Erfahrungstatsache erhält aktuelles Gewicht durch die Klimaveränderung in der Welt, die nicht die Starken und die Verursacher, sondern die Schwachen, welche die Klimakatastrophe nicht ausgelöst haben, trifft.
In seinem Buch KLIMAKRIEGE hat der Sozialpsychologe Prof. Dr. Harald Welzer die besonders gewaltoffenen Räume unseres Planeten (z.B. Darfour im Sudan) untersucht. An den Anfang seines Buches stellt er ein Menetekel: die katastrophale Geschichte der Osterinsel im Pazifik. Zwölf Clans bewohnten diese Insel, bevor sie von westlichen Seefahrern entdeckt wurde. Im Kampf gegeneinander und mit der Natur errichteten sie imponierende Monumente, die sie den Göttern weihten, ähnlich wie in Europa Kathedralen gebaut wurden. In diesen religiösen Rüstungsbauten, aber auch im aggressiven Wettbewerb und Kampf miteinander plünderten und entholzten sie die Insel, bis sie bis auf wenige ausstarben. Dies, sagt Harald Welzer, kann auch das Schicksal der Menschheit werden, wenn nicht andere Optionen an die der Gewalt treten. Der Satz „Das Fleisch Deiner Mutter hängt zwischen meinen Zähnen“ gehört zur Ausdrucksweise im aggressiven Kampf der Clans auf der Osterinsel.
► „Gewalt wird zur ersten Option“ (10 vor 11 vom 06.04.2009)
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► „Wir sind darauf angewiesen, die Welt zu verstehen – -„
24 Stunden produziert der Erdball täglich Geschehnisse, die für die Berichterstattung einer großen Tageszeitung über Außenpolitik relevant sind. Täglich müssen diese Massen von Tatsachen erneut auf das Wesentliche reduziert und eingeordnet werden. Sie müssen erzählbar, das heißt für den Leser interessant sein. Stefan Kornelius, Leiter des Ressort Außenpolitik der Süddeutschen Zeitung, berichtet aus seiner Praxis.
Flucht und Migration von Menschen, wie wir sie heute erleben, ist keine Ausnahme, sondern eine Dauererscheinung der Geschichte. Es sind oft die gleichen Grenzübergänge. Aus Ungarn z.B. fliehen über die gleichen Stationen 1956, nach Niederschlagung des ungarischen Aufstands gegen die Russen, die Ungarn selbst in den West. 1989 kamen über die gleiche Grenze die DDR-Flüchtlinge. Und heute ist es der Flüchtlingsstrom aus Syrien.
Ganz andere Flüchtlingskolonnen bilden vor 300 Jahren die von der Gegenreformation verfolgten Salzburger Protestanten. Ein weiteres Beispiel sind die Hugenotten aus Frankreich, die nach den Massakern der Bartholomäus-Nacht von dort nach Deutschland emigrieren. Die Hugenotten bringen für Preußen einen Innovationsschub um mehr als 50 Jahre.
Migration existiert seit unsere Vorfahren aus Afrika, vor etwa 120.000 Jahren, auswanderten und die Welt eroberten. Große Migrationsschübe im 19. Jahrhundert aus Hunger und aus politischen Gründen sollten wir auf dem Hintergrund der Gegenwart neu in Erinnerung bringen. Deutsche Auswanderer waren für die Besiedelung der U.S.A. entscheidend. Migration ist ein weitgehend noch unerforschtes Gebiet.
Der Migrationsforscher und Regierungsberater Prof. em. Dr. Klaus J. Bade, Vorsitzender des Sachverständigenrates deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR), berichtet.
Wolfgang Bauer, Reporter der ZEIT, erforschte die Praxis von Schleuserbanden im Mittelmeer, indem er sich mit einem Gefährten undercover an einer Flucht beteiligte. Am eigenen Leib lernte er die Praktiken und vor allem die Kämpfe rivalisierender Schlepperbanden kennen, die einander die lukrative Beute, die Flüchtlingsgruppen, entführen, gegen einen Aufpreis zurückgeben, und so ihre Rendite erhöhen. Der Preiskampf findet die ganze Zeit über statt und kann auch zum Scheitern der Fruchtschiffe führen. Es gibt wenig Augenzeugenberichte deutscher Journalisten, direkt aus dem Fluchtgeschehen. Erst durch das Augenzeugnis wird die „harte Tour“ deutlich, aus der die Flucht besteht. Am Tag, an dem wir mit Wolfgang Bauer sprechen, reist er bereits zu einem neuen Einsatz in Nigeria. Dort geht es um den Terror der Boko Haram im Nordosten des Landes. Nach den Beobachtungen Wolfgang Bauers ist dieser Terror nicht nur islamisch begründet, sondern besitzt ältere stammesgeschichtliche Gründe. Im 10. Jahrhundert gab es in dem Gebiet, auf dem heute Terror herrscht, blühende Königreiche, die mit denen der Ottonen und dem Reich Barbarossas in Europa gleichzeitig existierten. Wolfgang Bauer berichtet.