Egoismus gehört zur menschlichen Natur. Auch Fehlentwicklungen der menschlichen Persönlichkeit führen nicht zum Holocaust. Es gibt aber, sagt der Hirnforscher Prof. Dr. Detlef B. Linke, eine besondere Entgleisung des Ichs, die in Mitteleuropa tiefe Wurzeln geschlagen hat und dieses tödliche Egoid oder Mega-Ich gehört zu den Auslösern des Holocaust.
Ein Kongress unter Leitung von Prof. Dr. Detlef B. Linke befasste sich in Bonn mit der philosophischen Erforschung des Genozids und von Auschwitz: Kann Auschwitz durch Bildung unmöglich gemacht werden? Was sind die tieferen Gründe für die Erscheinungen, die Goldhagen bei den Deutschen analysiert hat? Wie verhalten sich die Mordszenen im 5. Akt von Goethes Faust, II. Teil und die dort beschriebene negative Utopie zu den gesellschaftlichen Katastrophen im 20. Jahrhundert? Welche Form der evolutionären Entgleisung des Hirns zwingt das Ich dazu, sich einen Doppelgänger einzubilden, diesen von sich abzutrennen und zu hassen, einen Stellvertreter dafür zu erfinden und diesen massenweise zu töten?
Die Wurzeln der Fehlkonstruktion, sagt Prof. Linke, sind mit der Herausbildung eines Mega-Ichs und einer verfehlten „Ich-Setzung“ verbunden, die das von Natur aus auf Balance begründete Verhältnis zum ANDEREN auf Logik und auf gegenseitige Vernichtung gründet. Von diesem entgleisten Ich ist es ein weiter Weg bis zu den 10 Geboten.
Zum 9. November.
► „Der weite Weg vom Ich zu den Zehn Geboten“ (News & Stories vom 11.10.1997)
► „Der rechtsradikale Tausendfüßler“
Im Ostblock brach nicht nur eine Staatsmacht zusammen, auch gewachsene Vertrauensverhältnisse, wie sie in der Schattenwirtschaft entstanden, wurden enttäuscht. Bei solchen Zusammenbrüchen, sagt die moderne Sozialforschung der Chicagoer Schule, entsteht immer auch eine Gegenbewegung. Das gilt auch für die ostdeutschen Länder. Es entsteht das Idol des „Rebellen ohne Sinn“. Ist kein James Dean vorhanden, orientiert sich der Protest um Rudolf Hess: immer aber wird die Konfrontation mit etwas gesucht, das ein Tabu verletzt. Anti-Gewalt-Programme, die das nicht verstehen, bleiben dauerhaft erfolglos.
Prof. Dr. Joachim Kersten von der Northwestern University von Evanston, Illinois, über die Ursachen des rechten Lifestyle und ihren Zusammenhang mit der globalen Abwertung von Gemeinwesen und autonomen Öffentlichkeit. Die Sozialforschung, sagt Prof. Kersten, hat Hinweise darauf, daß rechtsradikale Gewalt und rechter Lifestyle nicht in erster Linie, wie es ihrem Erscheinungsbild oft entspricht, eine nationale Erscheinung sind. Vielmehr bilden sie eine Neue Internationale. Was hat Zusammenbruch des Gemeinwesens mit rechtem Lifestyle zu tun? Wie zählt man die tausend Füße des Rechtsradikalismus, wenn er sich bewegt?
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► „Warum sind die Rechten so hip im Netz?“
Ingrid Brodnig ist Autorin und Journalistin, mit Philip Banse spricht sich über Kommunikationstaktiken der Rechten im Netz, den Einsatz von Apps, Memes, Tabubrüchen und die Inszenierung als sich den gegen Mainstream auflehnende Jugendkultur.
► „Anonymous.Kollektiv & Migrantenschreck“
Simon Hurtz, Journalist bei der Süddeutschen Zeitung, berichtet Philip Banse über die Recherchen zum Betreiber der rassistischen Facebook-Seite Anonymous.Kollektiv und dessen Waffen-Shop „Migrantenschreck.ru“