Zwischen dem Können (der Arbeitskraft) der Menschen und den wechselnden Gestalten der Sklaverei und der Lohnarbeit liegen Welten. Heute rufen das Internet der Dinge und die 4.0 Industrie vernetzbarer digitaler Produktion die Frage nach der Zukunft der Arbeit auf den Plan. Diese Zukunft ist ohne die Geschichte, in der die einzelnen Elemente, aus denen Arbeit besteht, sichtbar werden, nicht zu verstehen.
Die Wiener Professorin Andrea Komlosy kommt gerade von einer Konferenz über solche Fragen aus St. Petersburg zurück. Sie hat eine Geschichte der Arbeit geschrieben, die von 1250 bis zur Moderne reicht. Wie Identität und Selbstbewusstsein, auch Emanzipationschancen der Menschen, mit der Institution Arbeit verknüpft sind, wird plastisch, wenn man an das Verschwinden der klassischen Industriewelt in Europa und die Verlagerung kasernierter und entfremdeter Arbeit nach Asien nachdenkt.
Begegnung mit Andrea Komlosy.
► Was ist „Arbeit ist das halbe Leben“? (10 vor 11 vom 17.10.2002)
Klassische Arbeit, auf die sich der Produzentenstolz von Menschen und ihre Integration in die Gesellschaft gründet, ist wie ein Eisberg. Den Unternehmer interessiert nur die Spitze, die betriebliche Leistung. Der Eisberg hat aber einen gewaltigen Unterbau, größer als das, was man sieht. Wenn man diesen Unterbau nicht beachtet, wird der Bauch der Titanic aufgeschlitzt. Wenn man die Menschen im Rust Belt der industriellen Wüste der U.S.A. nicht wahrnimmt, erlebt man Überraschungen wie den Wahlsieg von Donald Trump. Eine der großen Gegenpole der Arbeit, die aber bei jedem Menschen zum Lebenszusammenhang gehört, ist der Schlaf (entsprechend die Pausen, das Ausruhen, die Familie). Der Soziologe Prof. Dr. Dirk Baecker, Inhaber des Lehrstuhls für Kulturtheorie und Management an der Universität Witten/Herdecke, untersucht die Zukunft der Arbeit auf dem Hintergrund der gesamten Innenausstattung des menschlichen Könnens, das sich in dem bloßen Arbeitsergebnis nicht erschöpft. Ein Mensch trägt immer sein Ganzes dorthin, wo er arbeitet.
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► „Welche Farbe hat die Arbeit?“
Mit der Großen Maschinerie und der Industrialisierung in Europa, verbunden mit der in Fabriken konzentrierten Arbeit, entstand im 19. Und 20. Jahrhundert auch ein Produzentenstolz und ein kämpferisches Selbstbewusstsein. Für die Fahnen in den Kämpfen der Arbeiter galt lange die Farbe Rot. Joseph Vogl, antwortet auf die Frage, welche Farbe für ihn die Arbeit hat: Grau. Die Zukünfte und das Geld glitzern. Die Arbeit dagegen steckt in der jeweiligen Gegenwart fest. Lebenswelt und Arbeit sind miteinander verschränkt, die Idee „der Mensch ist flexibel“ ist eine Illusion. Die digitale Revolution und zeitgleich die Auswanderung der Arbeit in die Regionen, in denen sie billig ist, verändert die klassische Industrie und alle Formen der Arbeit. Diese Abhängigkeit gilt nicht gleicherweise für das Kapital. Es kann ausweichen in seine vergangenen Formen, nach Übersee und es vermag die Zukunft zu beleihen. Das Kapital ist ein Chamäleon. Joseph Vogl schrieb das aufsehenerregende Buch „Das Gespenst des Kapitals“. Wie stark die Zukunft der Arbeit, ja die ganze Subjektivität der Menschen und ihre Lebenswelt, abhängig sind von der Zukunft, die sich das Kapital sucht, hört sich an wie ein faszinierender Roman und ist zugleich lebenswichtig für unsere Orientierung. „Nichts entmutigt so sehr, als ein Spiel nicht zu überschauen, von dem das Leben abhängt.“ Begegnung mit Prof. Dr. Joseph Vogl, Autor und Hochschullehrer an der Humboldt Universität Berlin..
► „Nur Arbeit und kein Spiel macht dumm“
Die Freiheit ist nicht nur ein Wunsch, sondern sie ist uns Menschen bis in die Ausgestaltung unseres zentralen Nervensystems hinein von der Evolution mitgegeben. Ein Ausdruck dieser Freiheit ist die Lust am Spielen. „Nur Arbeit ohne Spiel macht dumm“. Die Beobachtung zeigt, dass Arbeit und Selbstbeherrschung immer schon das Spiel voraussetzen. Sonst gelingen sie nicht. Prof. Dr. Buland vom Institut für Spielforschung an der Universität Mozarteum in Salzburg berichtet..