Neu auf dctp: Vom „Reichsaffenhaus“ zum „Wrapped Reichstag“



Das Projekt „Wrapped Reichstag“ wurde vor 23 Jahre durch eine Postkarte ausgelöst, die Michael S. Cullen an Christo schrieb. Michael S. Cullen ist Historiker für Stadtarchitektur. Keiner kennt die Geschichte des Reichstags besser als er. Der Kaiser nannte diesen Bau das „Reichsaffenhaus“. Die sowjetischen Streitkräfte hielten 1945 das mächtige, aber seit dem Reichstagsbrand leere Gebäude (Mauerdicke: 5m), für das Zentrum der Regierung. Der Reichstag, sagt Michael S. Cullen, war nie nur ein Bauwerk, sondern immer auch ein Symbol.

Nach welchen Gesichtspunkten baut man ein Parlamentsgebäude? Nicht um Staatsmacht auszudrücken, sondern als symbolischen Ausdruck der Verfassung. Das britische Parlament ist gebaut nach Art einer Kirche, in der zwei Parteien einander gegenübersitzen. Der Konvent der Französischen Revolution benützte einen Anatomie-Hörsaal, daher der Halbkreis, die steilen Ränge, die Unterscheidung rechts/links. Für den deutschen Bundestag ist dieser Innenausbau aus dem Grundgesetz neu zu entscheiden, sagt Michael S. Cullen. Nur wenige öffentliche Symbole haben das Glück durch Verhüllung nochmals vor ihrem Neuanfang zu stehen.

► Vom „Reichsaffenhaus“ zum „Wrapped Reichstag“ (News & Stories vom 11.09.1995)

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► Graffiti im Reichstag

Der Reichstag wird zu einem modernen Parlamentssitz für den Bundestag umgebaut. Bei den Bauarbeiten wurden Graffiti-Inschriften von 1945 im Untergeschoss entdeckt. Aus den verschiedenen Landesteilen der Sowjetunion haben männliche und weibliche Soldaten hier ihre Inschriften verewigt. Werden sie übertüncht oder als Dokumente hinter Glas gesetzt? Zur gleichen Zeit: Besichtigung des Neubaus durch den Bundesbauminister, den Baubeauftragten des Ältestenrats des Bundestags, Architekten und Presse. Vor allem das Dach des Reichtagsbaus soll öffentlich begehbar werden. Ein Moment der Aufmerksamkeit für die Zeitspanne, die uns vom 8. Mai 1945 trennt. Ein Film von Stefan Zimmer.


► Der Deutschland-Komplex

Ein neuer Film von Stefan Aust und Alexander Kluge. 60 Jahre sind, wenn man die Schaltjahre berücksichtigt, 21.915 Tage. In dieser Weise, nämlich nach Tagen und Stunden, und nicht nach Jahren und Jahrzehnten, erleben die konkreten Menschen unseres Landes die Zeitgeschichte. Geschichte ist Teil unseres Lebens. Schon in den abendfüllenden Kollektivfilmen „Der Kandidat“ (über den Kanzlerkandidaten Franz Josef Strauß) und „Krieg und Frieden“ (über die legendäre Raketenkrise) haben Stefan Aust und Alexander Kluge zusammengearbeitet. Jetzt haben sie diese Zusammenarbeit mit dem vorliegenden 90-Minuten-Film wieder aufgenommen. Unter anderem sieht man folgende Bildsequenzen und Themen: – Der zerfledderte Hoheitsadler von 1945. Was nun? – Der Krieg endet in Wahrheit erst 1989! Das große Feuerwerk vor dem Reichstag. – Das Bohrloch Berlin-Mitte und die fast schon vergessene Zeit der Wende. Von der Bauplanung für die Hauptstadt Germania 1941 bis zum Neubau des Potsdamer Platzes – Die Selbstauflösung des SDS in Hannover. Dutschkes Beerdigung. – Das Fulda-Gap und die Raketenkrise: einer der gefährlichsten Augenblicke in der Geschichte der Bundesrepublik!. „Wir sind noch einmal davongekommen“. Raketenparteitag. – Deutschland auf der Suche nach seiner Identität. Was heißt: Die Geschichte findet in Wellen statt? Christoph Schlingensief und seine legendäre Berliner Revue „100 Jahre CDU“ – Friedlicher Abzug der Westgruppe der Roten Armee. Mit großer Parade. – Was ist der Gebrauchswert Deutschlands in der Welt heute? Stefan Aust beantwortet diese Frage so: Im Vergleich zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hatten die Jahre der Bundesrepublik den Vorteil, dass die Menschen in einer relativ langweiligen Zeit leben durften, in der die Geschichte in unseren Breiten die Menschen nicht massenhaft totschlägt. Viel Bild, viel Musik, zusammenhängende Analyse. Unter Mitarbeit und mit Beiträgen von Stefan Zimmer, Günter Hörmann, Christoph Schlingensief, Michael Christ, Walter Lenertz, Thomas Willke, und vielen anderen. Mit Musik von Gustav & Band (Eva Jantschik).


► So viel Anfang war nie

Der Dezember 1989 gilt als Wende in der Wende. Bis dahin stand nicht fest, ob es eine deutsche Wiedervereinigung oder zwei getrennte deutsche Staaten geben wird. Der Dezember 1989 ist der unbekannte Monat. Der Dokumentarist Thomas Heise, der damals gleichzeitig mit Heiner Müller an einem Berliner Theater arbeitete, filmte in dieser Zeit im Umkreis der Hauptstadt der DDR. Ihm gelangen unglaublich authentische Momentaufnahmen.


► Aufstieg und Fall des Palastes der Republik

Der Palast der Republik in der Mitte Berlins war ein symbolisches Gebäude der besonderen Art. Auf dem Grundriss des Stadtschlosses des Kaisers errichtet, war „palazzo prozzo“ der Stolz der Ingenieure und Architekten, die den Bau errichteten – und auch der Stolz der DDR. Der Publizist Moritz Holfelder dokumentiert den Bau dieses Gebäudes und seinen heutigen Abriss ausdrucksstark. Reste aus dem Stahl, der beim Abriss anfiel, werden derzeit im höchsten Turm der Welt in Dubai zweitverwertet. Zu der faszinierenden Dokumentation von Moritz Holfelder.


► Woher wir kommen, wohin wir gehen

Oswald Spengler, der aus Sachsen-Anhalt stammt, veröffentlichte 1918 das Buch DER UNTERGANG DES ABENDLANDES. Was wird das 20. Jahrhundert bringen? Wo werden wir Europäer im 21. Jahrhundert sein? Was geschieht mit der Kultur? Wie geht das Abendland unter? Rolf Hochhuth kontextiert den von ihm respektierten Oswald Spengler mit dem, so Hochhuth, unterschätzten Bismarck. Dieser war laut Hochhuth der Mann, der im Reichstag ein Gesetz einbrachte: „Recht auf Arbeit für jedermann“.