Vergleicht man die Jahre 1989 und 1990, zeigt sich, dass sie in der kollektiven Erinnerung höchst unterschiedlich präsent sind. Die Meisten können sich das Jahr ’89 rasch ins Gedächtnis rufen. Auch mit dem Abstand von knapp dreißig Jahren fällt es leicht, die Abfolge der Ereignisse dieses Herbstes zu erzählen – alles verdichtete sich hier auf wenige, hochdramatische Wochen. 1990 dagegen wirkt in der Erinnerung wie ein blinder Fleck. Das Gedächtnis, von den sich überschlagenden Ereignissen ebenso gefordert wie von unerfüllten Wünschen und nicht eingestandenen Kränkungen fasst ein solches Jahr nur schwer. Das Jahr 1990 freilegen beschäftigt sich mit den verschiedenen Aspekten des Jahres 1990 und ihrer Aktualität. Es montiert Bilddokumente und Stimmen aus dem Jahr 1990 mit essayistischen Reflexionen und Geschichten, in denen aus der Perspektive der Gegenwart auf dieses Jahr zurückgeschaut wird.
Buchvorstellung und Gespräch mit Jan Wenzel und Alexander Kluge
Buchhandlung Walther König, Museumsinsel, Burgstraße 27, 10178 Berlin
am 10. Februar 2020 um 19 Uhr
„Das Jahr 1990 freilegen“ – Mit 32 Geschichten von Alexander Kluge
erschienen bei Spector Books, Taschenbuch, zahlreiche Schwarzweiß- und Farbfotografien, fadengeheftete Broschur, 592 Seiten, 36.00 €
ISBN-10: 3959053193
ISBN-13: 978-3959053198
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Pressestimmen
Stromquelle Geschichte, Jens Bisky
(Süddeutsche Zeitung vom 03.01.2020):
Über das Jahr 1990 wird noch lange gestritten werden. Die Welt hat sich damals neu sortiert, und viele wünschen wenigstens ab und an, es wäre auf andere Weise geschehen, entschlossener beim Niederreißen des Alten oder behutsamer im Umgang mit dem Gewohnten, mit weniger Eile oder mehr Konsequenz, mit größerer Lust am Experimentieren und weniger Selbstzufriedenheit. (…)
Die Erfahrungen, die sich mit diesen Daten verbunden haben oder unabhängig von ihnen ihr Eigenleben führten, rekonstruiert der Band „Das Jahr 1990 freilegen“, den Jan Wenzel im Leipziger Verlag Spector Books herausgegeben hat. Ein Jahr lang hat der Verleger Texte aus dem Epochenjahr gelesen, bekannte und vergessene Bücher zusammengetragen. Er traf sich mit Fotografinnen und Fotografen, um gemeinsam Kontaktbögen aus jener Zeit zu mustern, über die Entstehung der Aufnahmen zu sprechen. 32 Geschichten, die Alexander Kluge beigesteuert hat, regen dazu an, im Faktischen das Fantastische, im Zufälligen die Parabel zu entdecken.
Texte und Bilder wurden auf großen Seiten neben- und durcheinander zu einem Lesebuch montiert, in dem man schnell versinken und sich vergessen, zu dem man immer wieder zurückkehren kann und stets Neues entdecken wird. Fotos und Erzählungen, Reklame und Zitate kommentieren und widersprechen einander, bilden Augenblickskonstellationen. Das Buch sei, schreibt Jan Wenzel, der Versuch, seiner „Lektüreerfahrung eine Form zu geben, ein performatives Lesen“. Herausgekommen ist eines der aufregendsten und aufschlussreichsten Geschichtsbücher der letzten Jahre.“
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Am Rand der Erinnerung, Steffen Siegel
(taz vom 2. 12. 2019)
„Das Jahr 1990 freilegen“ ist ein Buch aus lauter Büchern; und zugleich gewährt es Blicke in fotografische Archive, die hier zum ersten Mal überhaupt in solcher Breite ausgewertet werden. In einer glücklichen Formel nennt Wenzel sein Verfahren einen fortgesetzten Akt „performativen Lesens“. (…)
Und das karge Schwarz-Weiß der Fotostrecken von Christian Borchert, Gerhard Gäbler, Ute Mahler oder Michael Schmidt hebt sich unübersehbar von jenen glitzernden Magazinseiten ab, die für ganz neue Produktideen werben: Laptops und Mobiltelefone. 32 eigens für diesen Band geschriebene Miniaturen von Alexander Kluge konturieren diese historischen Dokumente schließlich durch fiktionale Stimmen.
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