Reichtum und Vielfalt Vorderasiens
Vom Euphrat und Tigris über die Weihrauchstraße zu aktuellen Konfliktsituationen; die Geschichte des Nahen Ostens ist reich und vielfältig. Je nach Definition umfasst der Begriff mehr oder weniger Länder und kann sich bis zu den nordafrikanischen Staaten erstrecken. Der westliche Blick auf die Region war lange geprägt von Mozart und Goethe, mittlerweile finden aber auch arabische Dichter und Gelehrte bei uns Aufmerksamkeit.
► Themenschleife: Dem Osten so nah (30 Filme)
► Im Reich des Mahdi
Vieles, was wir an dem IS in Syrien und im Irak nicht verstehen, hat einen Vorläufer im sogenannten Mahdi-Aufstand von 1881-1899. Die Rebellion im Namen Allahs gegen den Westen erfasste den gesamten Sudan. Das Britische Imperium samt Verbündeten braucht fast zwei Jahrzehnte, um diesen islamischen Aufstand wirksam zu unterdrücken. Der britische Generalgouverneur Gordon wurde in Khartum von den Glaubenskriegern belagert und am Ende massakriert. Der charismatische Führer des Aufstandes nannte sich Mahdi (das ist ein „Bote Allahs“, ein Verkünder). Nach seinem Tod begründete der Nachfolger ein Kalifat. An Grausamkeit fehlte es weder den europäischen Maschinengewehren, noch den Säbeln der rabiaten Islamisten. Karl May schrieb den Roman „Im Reich des Mahdi“, weil alle Welt sich mit diesem Aufstand befasste. An der Schlacht von Omdurman, welche die Rebellion beendete, nahm Winston Churchill als junger Leutnant teil. Zwischen diesem Mahdi-Aufstand und dem Krieg der IS findet sich eine ununterbrochene Kette muslimischer Rebellionen gegen den Westen (in Europa meist unbekannt).
► Kaviar für die Nase
Die Pflanze, aus deren Harz der Weihrauch gewonnen wird, ist extrem anspruchsvoll. Sie gedeiht nur an wenigen Orten der Erde, z.B. im Südosten Arabiens, wo die Monsunwinde des Indischen Ozeans die Berge beregnen. Von diesem Ursprungsort des Weihrauchs führte die Weihrauchstraße durch Arabien zum Mittelmeer und bis Rom.
Weihrauch war kostbarer als Gold. Nero verbrannte zu Riechzwecken und zur Feierung seiner Person eine ganze Jahresproduktion. Es scheint für antike Herrscher besser gewesen zu sein, sich duftend zu machen durch Rauch, als sich zu waschen. Weihrauch ist eine Sache für Herrscher.
Mit der Weihrauchstraße verbinden sich die Legenden vom Goldland Ophir und von der Königin von Saba, die von dort kam und König Salomo in Jerusalem besuchte. Heute begegnen sich im „Morgenland“ die Spuren der Antike mit höchst modernem Terror, der sie zerstört.
Der Archäologe und Historiker Joachim Willeitner berichtet über die märchenhafte Weihrauchstraße, die zeitweise eine nicht geringere Bedeutung hatte als die Seidenstraße.
► Super-Oase Dubai
Als die Briten die Emirate in die Unabhängigkeit entließen, im Jahre 1971, war der heutige Super-Boom der Golfstaaten nicht zu erahnen. Öl, Sonne, menschliche Wünsche, Sand und Wasser sind die Ressourcen, aus denen Dubai entstand: ein Perpetuum Mobile des Geldes. Von Karl Marx so nicht vorausgesagt. Gründerjahre im Gelände des Unmöglichen.
► Das armenische Volk ist uralt
Über mehrere tausend Jahre kämpft und lebt eine frühe christliche Zivilisation zwischen wechselnden Großmächten im Osten und Westen und verteidigt seine Existenz: Armenien. Das Land, dessen genaue Grenzen wechselten, war bereits der Zankapfel zwischen den Parthern und dem Römischen Reich. Später bedrohen mongolische und islamische Reiche im Osten das Land. Und im 20. Jahrhundert steht die Türkei im Westen des armenischen Kernlandes. Die Massaker der von der damaligen türkischen Führung im Ersten Weltkrieg angestrebten ethnischen Säuberung sind bekannt.
Die kulturellen und zivilisatorischen Wurzeln Armeniens liegen lange vor der christlichen Zeitenwende. Wenig bekannt ist, dass zeitgleich mit der Gründung der ersten europäischen Universitäten um 1180 Wissenschaftszentren und Universitäten in Armenien begründet wurden. Mit den Kreuzzügen sind die Armenier eng verknüpft. In Armenien besteht eine autokephale Kirche und ein armenischer Mönch entwickelt ein eigenes Alphabet für das Land. In den Zeiten des osmanischen Siegs über Ost-Rom und verstärkt seit dem 18. Jahrhundert entstand weltweit eine armenische Diaspora. Aus ihrem Geiste wurde 1918 aus dem Nachlass des osmanischen Reiches eine selbständige Republik begründet und diese nach 1991, dem Zeitpunkt der Auflösung der Sowjetunion, erneuert. Armenien ist heute eine der ethnisch konsolidiertesten Republiken der GUS.
Es berichtet die Privatdozentin Dr. Jasmine Dum-Tragut, die an den geisteswissenschaftlichen und theologischen Fakultäten der Universitäten Graz, Wien, Salzburg und Innsbruck, an der Staatlichen Universität Jerevan und an der LMU München lehrt.
► Europa blickt aufs Morgenland
Hans Magnus Enzensberger bereiste den Maghreb, den „Westen des Morgenlandes“: Marokko, Algerien, Tunesien. Wie geht man mit den Phantasien um, die sich auf den Orient beziehen? Was heißt Orientalismus? Ist eine Justierung des 1000-jährigen europäischen Blicks aufs Morgenland aufgrund neuester Umstände angezeigt? Begegnung mit Hans Magnus Enzensberger. Ein Mensch voller Neugier.
► In einer Welt absoluter Gegensätze
Nichts ist in einer Krise wichtiger als fähig zu sein, „mit dem Kopf des Anderen zu denken“. Der Bundestagsabgeordnete und Obmann der CDU/CSU-Fraktion im Auswärtigen Ausschuß des Bundestages Karl-Theodor Frhr. zu Guttenberg hat sich gründlich mit dem Iran beschäftigt. Die eskalierenden Gegensätze in der Welt, sagt er, verlangen eine neue Ernsthaftigkeit in der deutschen Außenpolitik.
► Der erste Genozid des 20. Jahrhunderts
Im ersten Weltkrieg wurde von der türkischen Armee an den Armeniern der erste große Genozid des 20. Jahrhunderts verübt. Der kanadische Filmemacher Atom Egoyan, geboren als Kind armenischer Flüchtlinge in Ägypten, hat diesem geschichtlichen Unglück seinen Spielfilm „Ararat“ gewidmet. Atom Egoyan war Vorsitzender der Jury der Berlinale. Er inszeniert an Opernhäusern, schreibt Bücher und besitzt als Filmemacher hohes Ansehen.