Tobias Kratzer inszeniert Jean-Philippe Rameaus Zoroastre an der Komischen Oper Berlin
Der Kampf zwischen Gut und Böse ist Thema der Künste und Religionen seit vielen Millionen Jahren. In der persischen Überlieferung, die im Zeitalter der Aufklärung in Europa stark debattiert wurde, steht Zarathustra (in Mozarts Zauberflöte „Sarastro“), der Prophet der Lichtwelt für das Gute. Der Gegengeist dazu heißt Ahriman. Er steht für die Finsternis und das Böse.
Der geniale Opernkomponist Jean-Philippe Rameau, der mit Voltaire zusammenarbeitete, fesselte dieser Stoff. 1749 kam seine Oper Zoroastre heraus, die ein Erfolg war. Jetzt hat Tobias Kratzer diese Oper in Berlin neu inszeniert. Die Archetypen Zarathrustra und Ahriman, auch Rivalen um zwei Frauen, leben nach sechstausendjährigem Kampf in einem Neubauviertel als Nachbarn. Das ist zu viel Nähe. Schon ab drittem Akt: Bürgerkrieg. Zuletzt liegt der Vertreter des Bösen, Ahriman, tot im Garten. Zarathustra bekommt die Braut, wird aber nicht glücklich.
Eine Glanzleistung der Komischen Oper Berlin. Eine verblüffend packende Musik transportiert eine Debatte der Aufklärung plausibel in die Jetztzeit des 21. Jahrhunderts.
► Zarathustras Kampf mit der Finsternis (10 vor 11, Sendung vom 16.10.2017)
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► Pfeile, die ins Auge treffen
Wagners frühe Große Oper TANNHÄUSER enthält bereits alle Elemente, die ihn in seinen späteren Werken beschäftigten: seelischen Zwiespalt, ketzerische Abgründe, Buddhismus, Fluch und Erlösung. Trotzdem war Richard Wagner mit seinem Werk, das er mehrfach umarbeitete, nie zufrieden. Unmittelbar vor seinem Tode äußerte er: „Ich schulde der Welt noch einen TANNHÄUSER“. Gerade eine solche Baustelle, ein Rohbau, enthält für uns im 21. Jahrhundert offenes Material, in dem sich spannende Fundstücke finden.
Der Regisseur Romeo Castellucci hat an der Bayerischen Staatsoper dem TANNHÄUSER eine überraschende neue Deutung gegeben. In seiner Inszenierung sind Raum und Zeit ebenso wichtig wie die handelnden Personen. Es geht ihm um die Anfänge der Menschheit. Eine Welt 40.000 Jahre vor Christus, mit der „Venus von Willendorf“, trifft auf eine mittelalterliche Adelsgesellschaft, die ihre Brutalität im Gewande der Kunst vorführt. „Worte sind wie Waffen.“ Die Minnesänger und Ritter sind in dieser Inszenierung zugleich Künstler, Kopfjäger und Bluttäter. Tannhäuser wird mit dem Blut eines erlegten Hirschen für die Aufnahme in die Gruppe getauft. Mit gleicher Gewalt wird er dann beim ersten freien Wort aus dem Kreis der Zivilisierten vertrieben.
„Erst als Sternenstaub finden die Liebenden, Tannhäuser und Elisabeth, zueinander.“ Eine zentrale Rolle spielen in der Oper die Pfeile, von jungfräulichen Amazonen geschossen. Die Pfeile treffen Auge und Ohr zielgenau. Aber – wie in der Paradoxie des antiken Philosophen Xenon – bleiben sie auch zwischen Schützinnen und Ziel in der Luft bewegungslos stehen. „Ein Weg, der seine Richtung ganz verloren hat.“
Anja Harteros und Klaus Florian Vogt als Elisabeth und Tannhäuser in stimmlicher Hochform. Eine Glanzleistung der Ära Bachler.
► Die Perlen der Cleopatra
Der Wiener Komponist Oscar Straus komponierte eine der charakteristischsten „Berliner Operetten“ der Zwanziger Jahre: „Die Perlen der Cleopatra“. Die Folge der Überraschungen und Melodien, der erotische Subtext, sind in diesen Operetten wichtiger als die sogenannte Handlung. Eine so intensive Kombination von Witz und Musik, dann durch das Dritte Reich unterbrochen, hat es in der Welt später nicht wieder gegeben.
Die Königin Cleopatra verrührt die Perlen ihres Halsschmucks in einem Becher zu einem Liebestrank, mit dem sie alle andrängenden Besatzer Ägyptens zu ihren Liebessklaven macht: einen persischen Prinzen, einen römischen Offizier und zuletzt den berühmt Marc Anton. Dass diese Operetten keine Farcen sind, sondern blinkende Edelsteine, zeigt Barrie Kosky in seinen Inszenierungen an der Komischen Oper Berlin immer erneut. Unverwechselbar und vom Publikum bejubelt die Protagonistin Dagmar Manzel in der Hauptrolle der Cleopatra.