Neueste Werke des Künstlers Thomas Demand
Man sieht Trümmer aus einer Ruine in Aleppo. Auf einem anderen der neuen Bilder von Thomas Demand sieht man eine Geigenbau-Werkstatt. Sie steht in auffälligem Gegensatz zu den Algorithmen der digitalisierten Welt, wie sie von Silicon Valley ausgehen. In zwei anderen Werken Thomas Demands geht es um Filme. Einer dieser Filme heißt „Pacific Sun“. Das ist der Name eines im Taifun havarierenden Luxusdampfers. Die Wellenbewegungen der Katastrophe sind im präzisen Hin und Her der im Raum schwankenden Gegenstände wiedergegeben. Keine Menschen im Bild.
Die Bilder Thomas Demands besitzen eine faszinierende Sogwirkung. Oft wählt er Pressefotos als Motiv, Fotos die ein Millionenpublikum bewegten. Solche Fotos sind keine bloßen Abbilder, sondern sie tragen die Erinnerungen von Millionen Menschen in sich. Thomas Demand baut in Papier solche Fotos nach, fotografiert sie im Detail. So entsteht eine zweite Realität, einer Anti-Realität. Wenn Besucher in den Museen diese Bilder betrachten, sehen sie dem schemenhaften Verblassen öffentlicher Bilder zu. Das ist das Gegenteil von etwas Statischem. Es enthält eine Bewegung, die dem Film verwandt ist.
Einen besonders starken Eindruck hinterlässt ein Bild von Thomas Demand, das blühende Kirschbäume auf einem Hinterhof zeigt. Der Betrachter glaubt, man sei in Japan zur Zeit der Kirschblüte. Tatsächlich handelt es sich um einen Hauseingang, den soeben die Frau des Mörders verließ, der während des Marathons in Boston das legendäre Massaker auslöste.
Thomas Demands Werke sind künstlerlisch hochwirksame Gegenbilder zur bloß äußerlichen Aktualität.
Gespräch mit dem Künstler Thomas Demand aus Anlass der Ausstellung „The boat is leaking, the captain lied“ der Fondazione Prada in Venedig.
► Gegenbilder (10 vor 11, Sendung vom 07.08.2017)
Sehen Sie dazu auch auf dctp.tv:
► Erlöst die Nachrichten von der menschlichen Gleichgültigkeit!
H.M. Enzensberger, Jahrgang 1929, ist ein Glücksfall. Wie kann man über Nachrichten so erzählen, dass sie nicht leblos und menschlich gleichgültig bleiben? Wie pflegt man die literarischen Tugenden der Lakonie, der Überraschung und der Kürze und wahrt dennoch den Zusammenhang? Wie kein anderer Autor verbindet H.M. Enzensberger größtmögliche Offenheit mit Gründlichkeit. Begegnung mit dem Autor und Gespräch.
► Der mit den Bildern tanzt
Direkt neben einem Flugplatz in einem Vorort von Paris liegen die riesigen Hallen, in denen Anselm Kiefer an seinen Bildwerken arbeitet. Er lebt inmitten seiner Bilder. Neue Werke haben sich im letzten Jahr gehäuft. Kiefer nennt diese Ateliers sein „Arsenal“: seine Waffenkammer. Die großen Flächen seiner Bilder empfindet der Künstler als „Bühne“. Er malt, sagt er, nicht nur mit dem Kopf und den Augen, sondern mit dem ganzen Körper, mit den Muskeln, der Haut und allen Sinnen. Im Grunde „tanze ich meine Bilder“.
Wenn er in der Frühe aufsteht, greift er zunächst zu Büchern. An ihnen entzündet sich sein Kopf. Im Atelier stehen z. B. die zahlreichen Bände von Grimms Wörterbuch. Texte, Klänge und Bilder gehören für Kiefer zu einer Einheit.
Wie Menschen (und die Kunst, welche die Menschheit seit den Anfängen begleitet) beruht auf einem „Stau an Unwahrscheinlichkeiten“. Im Kosmos müssen drei Sonnen explodieren, damit die Materie entsteht, die wir in unseren Zellen täglich umhertragen. Noch unwahrscheinlicher war es, dass das Leben aus seinen Anfängen, über Katastrophen und Einschläge von Himmelskörpern hinweg, wie durch Nadelöhre den Weg durch die Krisen, die das Leben zeitweise fast ganz auslöschten, bis zu unserer Gegenwart fand. Mit diesen Zuständen und Rätseln der Evolution geht das Werk von Anselm Kiefer um.
Als junger Mann war Kiefer als Kellner tätig. Abends verspielte er in der Spielbank, was er verdient hatte. Neben dem Platz, an dem er arbeitet und jetzt berichtet, befindet sich eine Skulptur: Ein Hufeisen unter Glas, befestigt an einem seidenen Faden.
Wie malt man, dass sich die Götter der Antike derzeit aus der Ägäis entfernt haben? Wie würde man den Zentauren Chiron darstellen, von dem Hölderlins Gedicht handelt? Könnte man in Analogie zu Leonardo Da Vinci die Anatomie eines Kentauren skizzieren? An der Wand des Ateliers hängt das große Bild eines Gewässers. Auf das Bild ist ein Sperrgitter montiert. In der Mitte des Gitters zeigt sich ein Riss, durch den Riss fährt ein U-Boot. Das Sperrgitter stammt aus einem See bei Berlin und diente als Sperre, die Flüchtlinge aus der DDR am Überschreiten der Unterwassergrenze hindern sollte. Verblüffend ist die Nähe und Identität radikal verschiedener Erfahrungsbereiche in Kiefers Werk. Wissenschaft und Evolution, Geheimlehren (wie die des alchemistischen Dr. Fludd), Gegenwart, Geschichte, nur visuell fassbare Gebilde und literarische Texte, die von Ingeborg Bachmann über Hölderlin bis Heraklit zurück reichen, verbinden sich zu unverwechselbaren Einheiten. „Klugheit ist die Kunst, unter verschiedensten Umständen treu zu sein“. Das ist ein Satz Hölderlins, der sich ebenso auf die Antigone wie auf Sokrates bezieht. Anselm Kiefer prüft, ob man mit einem Bild auf solch einen Satz antworten kann.
Besuch bei Anselm Kiefer in Paris.
► Die Macht der Sprachbilder
Politisches Framing und neurokognitive Kampagnenführung
Elisabeth Wehling
Quelle: re:publica (CC BY-SA 3.0 DE)
► Loriot trifft Gorbatschow
Am Tag der „Tristan“ – Premiere in Bayreuth trifft Vicco von Bülow (genannt Loriot) Gorbatschow.
Worüber haben die beiden mit so Freundlicher Miene verhandelt ?
Man erfährt in der Sendung Verschiedenes, was man über Loriot nicht wusste. Es geht um Richard Wagner, Loriots Arbeit in der Dokumentar Abteilung des Süddeutschen Rundfunks in den 60er Jahren, über die Seltenheit der Komödie in der deutschen Literatur und um Lieblingsrollen Loriots, sowie Rollen, die noch auf ihn warten.
► Gerhard Richter: Bildermacher
„Ich sollte mich nicht mehr Maler, sondern Bildermacher nennen“.
Für einen Tag gestaltete der Künstler Gerhard Richter die komplette Ausgabe der deutschen Tageszeitung DIE WELT mit Fotos aus seiner Werkstatt. Die ruhigen Bilder und die Tonlage des aktuellen Tagesgeschehens treten in einen verblüffenden Gegensatz. Gerhard Richter kommentiert seine Arbeitsweise. „Ich sollte mich“, sagt er, „nicht mehr Maler, sondern Bildermacher nennen“. Die Fotos besitzen für ihn einen eigenen künstlerischen Ausdruck. Oft sind sie Vorstufen und Skizzen für starke Bilder in seinem malerischen Werk. Es ist auch ein Irrtum, sagt Gerhard Richter, wenn man seine neuesten Bilder als abstrakt bezeichnet. „Es sind Bilder aus einer Gegend, die ich noch nicht kenne.“
Bildermacher Gerhard Richter im Gespräch.