Neueste Werke des Künstlers Thomas Demand
Man sieht Trümmer aus einer Ruine in Aleppo. Auf einem anderen der neuen Bilder von Thomas Demand sieht man eine Geigenbau-Werkstatt. Sie steht in auffälligem Gegensatz zu den Algorithmen der digitalisierten Welt, wie sie von Silicon Valley ausgehen. In zwei anderen Werken Thomas Demands geht es um Filme. Einer dieser Filme heißt „Pacific Sun“. Das ist der Name eines im Taifun havarierenden Luxusdampfers. Die Wellenbewegungen der Katastrophe sind im präzisen Hin und Her der im Raum schwankenden Gegenstände wiedergegeben. Keine Menschen im Bild.
Die Bilder Thomas Demands besitzen eine faszinierende Sogwirkung. Oft wählt er Pressefotos als Motiv, Fotos die ein Millionenpublikum bewegten. Solche Fotos sind keine bloßen Abbilder, sondern sie tragen die Erinnerungen von Millionen Menschen in sich. Thomas Demand baut in Papier solche Fotos nach, fotografiert sie im Detail. So entsteht eine zweite Realität, einer Anti-Realität. Wenn Besucher in den Museen diese Bilder betrachten, sehen sie dem schemenhaften Verblassen öffentlicher Bilder zu. Das ist das Gegenteil von etwas Statischem. Es enthält eine Bewegung, die dem Film verwandt ist.
Einen besonders starken Eindruck hinterlässt ein Bild von Thomas Demand, das blühende Kirschbäume auf einem Hinterhof zeigt. Der Betrachter glaubt, man sei in Japan zur Zeit der Kirschblüte. Tatsächlich handelt es sich um einen Hauseingang, den soeben die Frau des Mörders verließ, der während des Marathons in Boston das legendäre Massaker auslöste.
Thomas Demands Werke sind künstlerlisch hochwirksame Gegenbilder zur bloß äußerlichen Aktualität.
Gespräch mit dem Künstler Thomas Demand aus Anlass der Ausstellung „The boat is leaking, the captain lied“ der Fondazione Prada in Venedig.
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Elisabeth Wehling
Quelle: re:publica (CC BY-SA 3.0 DE)