Herbert Fritsch: Manifest an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, Berlin
Die Schauspiel- und Zirkustruppe des Regisseurs Herbert Fritsch erobert mit dem Theaterabend „Pfusch“ neue Dimensionen. Unter energischem Einsatz der Körper, der Stimmen, mit Chaos und Rhythmus und vor allem mit Improvisation und Artistik arbeiten Fritsch und seine Truppe entgegengesetzt zur überlieferten Stelzenkunst. Fritsch knüpft dabei an seine bisherige Linie an, beginnend mit der legendären Aufführung der BANDITEN von Jaques Offenbach in Bremen und der FRAU IM MOND von Paul Lincke an der Volksbühne. „Theater ohne Sinnzwang“. Mit starkem emotionalen Erlebniswert.
Der Schlachtruf und das Motto des Abends „Der alte Pfusch ist tot. Wir glauben an den neuen!“ ist der Oberhausener Erklärung des Jungen Deutschen Films von 1962 entlehnt.
Ein lebendiger Abend. Leider ein Abschied. Das Team wechselt an eine andere Berliner Bühne.
► Der alte Pfusch ist tot, es lebe der neue! (10vor11, Sendung vom 10.04.2017)
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► DIE FLEDERMAUS ohne Plüsch
Zu den rebellischen Regisseuren in Deutschland, die nicht langweilen, zählt Frank Castorf. Er ist Intendant der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz. In Hamburg am Deutschen Schauspielhaus hat er DIE FLEDERMAUS von Johann Strauß inszeniert.
Aber wie? Die Hälfte der Zuschauer hat gebuht, die andere Hälfte war extrem begeistert. Das berühmte Champagnerstück ist umfunktioniert für Trompete, Klavier und elementares Theater. Aller Plüsch ist wegoperiert. Eine Rotte hochbegabter Schauspieler bringt ein Stück zustande, in dem die Gaskammer, das Gefängnis, die Ballnacht und das Ende des 20. Jahrhunderts Tür an Tür leben.
Verblüffenderweise wird die Musik mit den Stimmen der Schauspieler, dem hohen Balance- und Improvisationsgrad erst wirklich schön.
Frank Castorf über seine Gewohnheiten beim Inszenieren, den Zusammenhang von Kunst und Charakter, seine Inszenierung von Gerhart Hauptmanns DIE WEBER, Hebbels NIBELUNGEN. Johann Strauß nennt er einen nach Süden verrutschten Strindberg, so zersetztend und für das Subjektive im Menschen aufschlußreich sind die meisten Inszenierungen Castorfs, auch wenn er sich für Psychologie nicht interessiert.
► Ost-Star Sophie Rois
An der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin, unter Leitung von Frank Castorf, sammeln sich die Begabungen. Die Schauspielerin Sophie Rois spielte dort die Brunhilde in „Ring des Nibelungen“. Sie spielte die Sophie Scholl in „Bring mir den Kopf von Adolf Hitler“ und brillierte in Christoph Schlingensiefs Inszenierung „Die 1. sozialistische Butterfahrt der M/S Clara Zetkin“.
► Schiffsuntergang mit Mann und Maus!
Im Jahr 1848 wird in Deutschland die bürgerliche Revolution niedergeschlagen. Zu Schiff verlassen Barrikadenkämpfer, schlesische Weber, Huren, Theoretiker und Geistliche Europa. Sie wollen in Amerika ein neues Leben beginnen.
Der Kapitän des Auswandererschiffes hat anstelle von Nahrungsmitteln und Wasser Rumfässer und Waffen geladen. In der Not proben Auswanderer und Schiffsbesatzung den Aufstand. Nach dem Untergang des Schiffes finden sich alle auf einem Floß wieder. Sie hoffen auf Rettung.
Frank Castorf, der schon Friedrich von Gagerns Erfolgsstück MARTERPFAHL inszenierte, führt die Regie dieses Dramas von mehr als 4 Stunden Dauer. Mit Max Hopp, Anna Ratte-Polle, Volker Spengler, Silvia Rieger. Mit viel Musik.
Ein Schiffsuntergang mit Mann und Maus ähnlich dem, der sich mit der TITANIC wiederholte.