Eindrücke auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2017
Der Planet Erde hat im Jahr 2017 an Sicherheit und friedlicher Ruhe nicht gewonnen. Die neue Führung im Weißen Haus, der Brexit, der nicht enden wollende Krieg in Syrien, die Spannungen in Fernost: nichts davon ist gemütlich. Jedes Jahr treffen sich auf der Münchner Sicherheitskonferenz über 100 Staatslenker und Strategen aus Wirtschaft und Militär aus aller Welt. Der Leiter des außenpolitischen Ressorts der SZ, Stefan Kornelius, nennt diese Konferenz, in der die kontroversen Stimmen der Welt auf einmalige Weise zusammentreffen (und in deren Hintergrund viel Politik stattfindet), einen „Schnellkochtopf mit verschlossenem Deckel“. Dieser Kessel, sagt Kornelius, steht in diesem Jahr kurz vor der Explosion. Alle sind auf Vorsicht getrimmt.
Wir treffen auf Experten wie Ken Weinstein, den Chef des Hudson Instituts, einen markanten Republikaner aus dem Umkreis des U.S.-Vizepräsidenten Pence, auf den Chef der Brookings Institution, eines der größten Think-Tanks in Washington, Strobe Talbott. Er gehörte zu den erfahrensten U.S.-Strategen im Kalten Krieg. Wir sprechen mit Ignatius II Ephraim, dem Patriarchen von Antiochien (mit Sitz in Damaskus), dessen Kirche im Jahre 37 nach Christus vom Apostel Petrus begründet wurde (jetzt inmitten der Syrien-Krise). Das Mitglied der Chefredaktion der ZEIT Holger Stark berichtet aufgrund seiner Beobachtungen aus 4 Jahren USA.
Auf dieser Konferenz treffen der russische Außenminister Lawrow mit dem neuen U.S.-Außenminister Tillerson zusammen, die Bundeskanzlerin sitzt auf Tuchfühlung mit dem U.S.-Vizepräsidenten Pence, der die Twitter-Botschaften seines Präsidenten (mit Hilfe von bis zu 12 Dolmetschern in allen Sprachen der Konferenz) für Europäer zu übersetzen versucht.
Eindrücke auf der Münchner Sicherheitskonferenz zu einem Zeitpunkt, den die Historiker später als „Weichenstellung“ bezeichnen werden.
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► Die Grauwerte des 21. Jahrhunderts
Georg Mascolo, früher Chefredakteur des SPIEGEL, leitet inzwischen den Recherche-Verbund NDR, WDR und SÜDDEUTSCHE ZEITUNG, dem die Öffentlichkeit einen positiven Schub an investigativem Journalismus verdankt. Wie arbeitet dieser Verbund? Wie lässt sich aktiver Journalismus in der unübersichtlichen Krisenwelt des 21. Jahrhunderts intensivieren?
Dass es Terror und Selbstmordattentäter gibt ist, seit den Anfängen in Ceylon in den 80er Jahren bei den Tamil Tigers, ja seit der Zeit der Kreuzzüge, in denen die Assassinen als Mörder auftraten, nicht neu. Dass selbstmörderischer Terror dieser Art aber als Massenphänomen und unter Beteiligung junger Europäer stattfindet, und Ziele wie in Paris am 13. November 2015 und in Brüssel im März sucht, ist dagegen eine bestürzende neue Erfahrung. Ähnliches gilt für Konfliktherde wie in Zentralafrika, der Ost-Ukraine und im Nahen Osten und für die Fluchtbewegungen nicht nur in Europa, sondern fast überall in der Welt.
Das 21. Jahrhundert erweist sich als eine Zeit der Unübersichtlichkeit. Auf diesem Hintergrund sind investigative Recherchen, die z.B. die groteske bürokratische Struktur des Islamischen Staates aufdeckten, von größter Bedeutung. Ebenso wie Untersuchungen zu einem No-Spy-Abkommen zwischen den U.S.A. und der Bundesrepublik. Andere Nachrichten handeln davon, dass deutsche Waffen in Kurdistan auf dem freien Markt auftauchen. Zu den gefährlichsten Krisen gehören die Konfliktfelder auf der Welt, an denen unmittelbare Kriegsgefahr besteht, falls eine der Parteien ausrastet.
Als erfahrener Journalist betont Georg Mascolo wie schwer es ist, Voraussagen zu machen. Die Realitäten in unserer Welt sind stets für Überraschungen gut. Umso gründlicher muss recherchiert werden. Ein Haupteindruck unserer Welt geht von deren Beschleunigung aus. Georg Mascolo rät, diese Beschleunigung zumindest bei der Publikation von Urteilen nicht zusätzlich anzutreiben, sondern sich gerade hier auf der Ebene der Einordnung und der Meinung zurückzuhalten. „Facts should sit again in the driver’s seat.“
Wir treffen Georg Mascolo auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2016.