Dr. Natascha Drubek: „Von den Ikonen zum russischen Stummfilm“
„Russisches Licht“ hieß eine mondäne städtische Beleuchtungsart, zuerst in Paris erprobt, die das Gaslicht ablöste. Natascha Drubek nimmt dieses „Licht der Moderne“ als Metapher, um die tiefgreifende Beziehung des Lichts in den russischen Ikonen mit dem Licht in den einmaligen russischen Stummfilmen zu vergleichen, die ein Stück Klassik in der Filmgeschichte darstellen. Das gilt nicht nur für die legendären Filme von Eisenstein, Vertow, Pudowkin und anderen Meistern der 20er Jahre, sondern vor allem auch für den Stummfilm der Zeit bis 1917: Filme wie DÄMMERUNG EINER FRAUENSEELE von Jewgeni Bauer.
Das „Russische Licht“ von vor 140 Jahren leuchtete in den Großstädten nur kurz. Seine Faszination aber erstreckt sich etwa 20 Jahre länger als die Filmgeschichte: heute wäre „Russisches Licht“ (in der Gestalt großer Glaskugeln, der Ikonen des Stummfilms) ein Anknüpfungspunkt für jede Erneuerung des Films (der durch Hollywood-Abbildrealismus und die Medien totgequatscht ist).
Natascha Drubek über 140 Jahre „Russisches Licht“.
► 140 Jahre Russisches Licht (News & Stories, Sendung vom 21.03.2017)
Literaturempfehlung
Natascha Drubek-Meyer und Jurij Murasov: Das Zeit-Bild im osteuropäischen Film nach 1945 (Osteuropa medial: Künste – Sprachen – Techniken)
Neben Literatur und Kunst ist es gerade der Film, in dem die Verschränkung von Stillstand und Dynamik ihren Ausdruck findet, die für die Kultur des osteuropäischen Raums nach 1945 so kennzeichnend ist. In seinen Bildern lässt der osteuropäische Film diese eigentümliche Zeitstruktur ästhetisch erlebbar werden und findet dabei zu jener Poetik der filmischen Zeit-Bilder von toten Zeiten in leeren Räumen, die der französische Philosoph Gilles Deleuze in seinen Filmstudien als Charakteristikum des künstlerisch und politisch avancierten Kinos nach 1945 beschrieben hat. An ausgewählten Beispielen des osteuropäischen Films gehen die hier versammelten Beiträge diesem Phänomen nach. Vor dem Hintergrund aktueller Medialitätsfragen wird auch die Filmphilosophie von Deleuze diskutiert, die von Problemen sinnlicher Wahrnehmung beherrscht ist und um eine Überwindung der Semiotik ringt.
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► Michael Ballhaus: Mit Licht kann ich zaubern
Für ein Drittel des Zeitraums, der die Filmgeschichte umfasst (es gibt Kino seit 1895), hat Michael Ballhaus für den Film gearbeitet. Vor seiner Kamera standen Stars wie Leonardo DiCaprio, Robert De Niro und Jack Nicholson; er drehte mit Regisseuren wie R.W. Fassbinder, John Redford, Frank Coppola und Martin Scorsese. Er ist der berühmteste Kameramann Deutschlands. Nach einem besonders harten Drehtag berichtet er von seinen Erfahrungen. Was ändert sich für den Film in der digitalen Welt? Welche Besonderheiten des klassischen Films behalten ihr Potenzial in dieser neuen Umgebung?
► Wie sich die Seele nährt von Licht und Dunkel
Lichtwellenberge strömen in die Optik der Filmkamera ein und in dieser „Rhythmus-Maschine“ werden sie mit Dunkelheit versetzt. So entstehen Filme. Das Kinoerlebnis besteht aus solchen Lichtfrequenzen und nicht nur aus der „Handlung“ eines Films. Der Filmmacher Werner Nekes spricht von „Cinématographischen Feldern“. Diese, sagt er, bilden Zeitspeicher. Die Filme (Vorläufer des Films hat er zurück ins 15. Jahrhundert gesammelt) sind für lebendiges Leben viel notwendiger als man glaubt. Die Seele nährt sich nämlich von Licht und Dunkel. Eine Begegnung mit einem der Bedeutendsten Film-Avantgardisten in der Welt.
► Toplight, backlight, keylight
Die drei grundlegenden Lichtformen im Studio. Kamera: Michael Ballhaus. Mit Peter Berling