"Im Dickicht der Fäuste"
Wolf Wondratschek gilt in der modernen Lyrik als Klassiker. Er hat auch Reportagen geschrieben mit dem Sammeltitel: MENSCHEN, ORTE, FÄUSTE. In diesen Reportagen geht es um die Hintergründe des Boxkampfes. Wondratschek charakterisiert dabei die Intelligenz, die Technik und die Schlagkraft der besten Faustkämpfer mit den Kategorien, die für poetische Werke gelten. In der Schwergewichtsklasse des Boxens, sagt Wondratschek, sind seit 1906 (dem ersten Auftritt des legendären Jack Johnson) die Weißen dritte Welt. Aus den Vorstädten und dem Proletariat kommen die schwarzen Protagonisten, die die Weltmeisterschaften erringen. Eine der eigenartigsten Erscheinungen, Mohammed Ali, nennt Norman Mailer "die schnellfüßige Verkörperung menschlicher Intelligenz". Mohammed Ali hat auch Gedichte geschrieben. Für Wondratschek aber geht es nicht darum, sondern um die Poetik der Geschwindigkeit, der Nerven und des Körpers.
"Das Jahrhundert-Hochwasser in Hamburg"
Die sintflutartige Überschwemmung Hamburgs, die unter Anleitung des Innensenators Helmut Schmidt gemeistert werden konnte, ist legendär. Der Schauspieler Alfred Edel im Gespräch mit dem Katastrophenschützer Wirbatzky über die polizeilichen Maßnahmen im Fall von öffentlicher Panik und sintflutartigem Wetter.
"Der Moment der Wahrheit liegt im Anfang"
Zur europäischen Avantgarde zählen in England die Gruppierung BLAST ("Wirbelsturm") und in Italien und Russland die Futuristen ("Zukunftler"): Es geht um eine wilde Inbesitznahme des neuen Jahrhunderts. Einige Grundrisse der radikalen Avantgarden gehören zum Besten der Moderne und auch der Postmoderne. Marinetti, der Anführer der Futuristen, kandidierte am 17. November 1919 gemeinsam mit Arturo Toscanini und Benito Mussolini für die Wahlen zur Nationalversammlung. In den Anfängen sind die verwirrenden Strömungen eng beieinander. Deshalb gibt es, sagt die Ezra Pound-Übersetzerin, Eva Hesse, auch eine "Achse zwischen Avantgarde und Faschismus". Diese Wahrheit ist nur in den Anfängen klar zu erkennen. Alle gesellschaftlichen Strömungen des 20. Jahrhunderts, auch die der Avantgarde, enthalten Drohungen und Gifte, aber zugleich auch die Gegengifte gegen die Projekte der reaktionären, menschenfeindlichen Ordnungsmacht.
"Der lange Atem"
Arabischer Frühling, die studentische Protestbewegung im Juni 1967 (parallel dazu die Rebellionen in Paris und an den amerikanischen Universitäten), die Russische Revolution von 1917, die Industrielle Revolution, die Große Französische Revolution – alle diese Umwälzungen, jede für sich, haben ihren eigenen Charakter. Ihre Anfangsversprechen hat keine gehalten. Revolutionen, sagt der Philosoph Christoph Menke, haben einen unglaublichen Zeitbedarf. Der Auszug Israels aus Ägypten, Prototyp eines radikalen Neuanfangs, dauerte 40 Jahre biblischer Zeit. Gute Revolutionen sind vermutlich nicht unter 800 Jahren zu haben.