Dr. Jörg Freyhof: „Was man alles von Fischen nicht weiß“
Aus unterirdischen Quellen des Zagros-Gebirges im Irak (heute von Kurden autonom verwaltet und verteidigt) traten vor Kurzem blinde, unbekannte Fische hervor. Sowie sie ins Freie kamen, fielen die viele Tausend Jahre alten Geschöpfe – wehrlos – den Vögeln zum Opfer. Forscher retteten einige Exemplare der bis dahin unbekannten Spezies. Im Meer, in den Flüssen und in den Wassern unter der Erde existieren mehr Fische, mehr Unbekanntes, als wir meinen.
Von den großen Wanderungen der Fische weiß man viel. Aber immer noch sind breite Teile dieses Geschehens voller Rätsel. Siegmund Freud schrieb seine Doktorarbeit über den sexuellen Drang der Aale, der diese Tiere aus den Flüssen über den Atlantik in die Karibik und in der nächsten Generation wieder zurück aus der Salzwüste zu den Süßwasserquellen treibt. Menschliche Installationen wie der Suez-Kanal eröffneten im 19. Jahrhundert den Fischen des Indischen Ozeans und des Roten Meers den Weg ins Mittelmeer. Dort besetzen sie fast alle Räume, die vormals die Fische der Antike besiedelten.
Der Ichthyologe (Fischforscher) Dr. Jörg Freyhof über Unbekanntes aus dem Reich der Fische.
► Nachricht von blinden Fischen (10vor11, Sendung vom 27.02.2017)
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► Paarungsverhalten der Millionenfische
Ein karpfenartiger Fisch, den es im Atlantik ebenso gibt wie im Süßwasser und der sich rasch vermehrt und eine interessante Vielfalt an sexuellen Präferenzen zeigt, wird „Millionenfisch“ genannt. An ihm studieren die Evolutionsbiologen gern die Varianten des Paarungsverhaltens. Sie sind verblüfft darüber, dass weibliche Exemplare, nachdem sie den Zweikampf zwischen zwei Männchen um ihre Gunst beobachtet haben, zunächst oft den Besiegten bevorzugen.
Die Biologen führen das darauf zurück, dass sie den aufgemotzten und im Kampf erregten Sieger als Gewalttäter fürchten. Eine Zeit später legt sich der Impuls und sie kehren zu der Präferenz für den Stärkeren zurück. Das lässt sich alles mit Darwins Thesen vereinbaren, dass die Evolution Wege verfolgt, die für eine reiche Nachkommenschaft günstig sind. Wie aber ist die Homosexualität unter den Fischen zu verstehen? Sie bringt keine Nachkommen. Offenbar hat sie aber ebenfalls evolutionäre Vorteile.
Dies alles gehört zum Forschungsgebiet des Evolutionsbiologen Privatdozent Dr. Martin Plath, Universität Frankfurt.
► Von Sandfischen und künstlichen Libellen
Die Natur und die Evolution übertreffen jeden Ingenieur an Erfindungsreichtum. Die Wissenschaft von der Bionik konzentriert sich auf die Untersuchung von Tieren und Pflanzen, mit dem Interesse, technische Neuerungen für die moderne Industrie an ihnen abzulesen. Am Beispiel des Wüstenfischs und von künstlichen Libellen, die er konstruierte, entwickelt der Bioniker Prof. Dr. Ing. Ingo Rechenberg Zukunftsperspektiven der Technik.
Der Sandfisch ist seit etwa 9 000 Jahren an das Leben in der Sahara angepasst. An sich handelt es sich um eine Eidechse. Sie kann aber in den Tiefen des Sandes „wie ein Fisch“ jagen. Die Evolution hat die Haut dieses Tieres riebfester gemacht als der beste Stahl.
Prof. Rechenberg über diese und viele andere interessante Erfindungen der Natur, die für moderne Technologien neue Wege weisen.
► Mein Lieblingsfrosch Xenopus
Fische und der Frosch Xenopus (der unter Wasser lebt), besitzen einen Ferntastsinn, die sog. „Seitenlinie“. Deren nervliche Repräsentanzen und Besonderheiten im Gehirn sind eng verwandt mit dem Gehörsystem des menschlichen Ohrs. Ferntastsinn und Gehör (einschließlich der Musik) gehen auf eine ursprüngliche gemeinsame Wurzel zurück.
Der Biologe Prof. Dr. Andreas Elepfandt, Humboldt-Universität zu Berlin, untersucht diese sogenannte Seitenlinie an seinem Lieblingsfrosch Xenopus, der in Südafrika lebt und über eine große Reihe von besonderen Eigenschaften verfügt.