Frank Castorf inszeniert an der Staatsoper Stuttgart
Frank Castorf, Chef der Berliner Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz, inszeniert die Oper FAUST in Stuttgart auf verblüffende Weise. Diese Oper aus dem 19. Jahrhundert wird gründlich entrümpelt. Das Bühnenbild und die Kostüme: heutiges Paris im Zeitalter der Attentate. Faust, anfangs ein herunter gekommener, zweiflerischer alter Mann, wird durch seinen Pakt mit dem Teufel – wie es Goethe und Gounod vorschreiben – in seine Jugend zurückverwandelt. Er überfällt die junge Margarethe mit seinem Liebesverlangen und stößt sie ins Unglück. Margarethe ist aber niemand, der sich auf diese Weise umbringen lässt. In der Rolle der Margarethe die hinreißende Mandy Fredrich.
Der legendäre Faustwalzer in einem ganz neuen Licht! Wenn er auf den Boulevards von Fallschirmjägern, Legionären und ihren lebensgierigen Geliebten getanzt wird. Text: „Wie der Wind den Staub aus der Ackerfurche weht, tanzen wir in den Himmel hinein“. Überraschend auch die „Hexen“ und die „Engel“ am Ende des Stücks. Die U-Bahn-Station heißt Stalingrad, Reklamen von neuesten Horrorfilmen und von Coca-Cola. Die Bühnenhandlung wird in großformatigen Filmaufnahmen übertragen. Ein ungewöhnlicher Grad von Intimität. Exakt passend zu der filigranen Musik von Gounod.
Mag Gounods Oper weniger modern sein als andere Faust-Opern wie die von Hector Berlioz und die von Ferruccio Busoni, so zeigt sie sich doch in dieser Regie und in der musikalischen Leitung von Marc Soustrot schlüssig und von enormem Schwung. Ein Opernerlebnis mit Ausnahmecharakter.
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► Die Pissigkeit und das Unverwechselbare
DÄMONEN – böse Geister, heißt der moderne Roman von Dostojewski, der prophetisch die Charaktere vorführt, die das 20. Jahrhundert bestimmen werden. Der Roman hat den In-tendanten und Regisseur Frank Castorf so beeindruckt, dass er ihn in seiner Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin als großes Theaterstück herausbrachte. Jetzt hat er den Stoff in einem 3-Stunden-Spielfilm umgesetzt. Unverwechselbar und rücksichtslos wie es die Art dieses Regisseurs ist.
Man kann über das Unflätige, die „Pissigkeit des Ganzen“ nicht sprechen, sagt Castorf, wenn man nicht auch das Besondere und Unverwechselbare darstellt. Darin liegt die Schönheit.