Vincenzo Bellinis I PURITANI an der Staatsoper Stuttgart
Die Handlung der letzten Oper des Genies Vincenzo Bellini, bevor er im Alter von 34 Jahren starb, spielt in England in der Zeit der Puritaner. Die Puritaner sind eine religiös-sektiererische Massenbewegung, die so viel Macht hatte, zwei Königen das Haupt abzuschlagen: gegen alle Sinnlichkeit eingestellt, fanatisch, in erotischer Hinsicht grau.
Ein junges Mädchen aus solchem puritanischen Vaterhaus liest gern Romane, wie sie später Sir Walter Scott und Alexandre Dumas im romantischen Zeitalter, dem Bellinis, dichteten. Sie träumt von Helden wie den Drei Musketieren und von einem prachtvollen, königstreuen Kavalier. Überraschend wird sie mit einem solchen Helden verlobt.
Dann aber muss sie glauben, ihr Liebster habe sie verlassen. Er ist tatsächlich königstreu und mit der Rettung der Königinwitwe beschäftigt und von der Bildfläche verschwunden. Das junge Mädchen verfällt in Wahnsinn.
Die Oper Bellinis ist mit den wohl schönsten Melodien Italiens ausgestattet. Mit Hilfe solcher Musik siegt am Ende die Liebe. Die in Chor-Ensemble-Szenen dicht integrierten Melodien führt die liebenden Träumer – gegen alle Wahrscheinlichkeiten des Lebens – sicher durch alle Verletzungen und Gefahren ihrer unerbittlichen Zeit.
Die tragische Pointe der hinreißenden Stuttgarter Inszenierung liegt darin, dass zuletzt das Mädchen und ihr Kavalier selber im grauen Kleid der Puritaner im Kreise der Gemeinde einher marschieren.
In der Rolle des Mädchens: der einzigartige Sopran Ana Durlovski. Regie: Jossi Wieler und Sergio Morabito. Musikalische Leitung: Giuliano Carella, Manlio Benzi.
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► Tod der fremden Frau
Im Jahre 1865 hatte Wagners TRISTAN UND ISOLDE Uraufführung in München. Im gleichen Jahr hatte Giacomo Meyerbeers Oper in Paris Premiere. (Posthum, die Oper war grandioser Publikumserfolg, verschwand im 20. Jahrhundert dann von den Bühnen, heute umbenannt in VASCO DA GAMA.) In beiden Opern geht es um einen Liebestod. Dem Tod der Exotin Isolde, einer Irin, entspricht bei Meyerbeer der fast 20-minütige Schlussgesang der „Afrikanerin“ (sie ist eine Sklavin und erweist sich als Königin der Brahmanen). Von ihrem Geliebten verlassen, der nach Westen segelt, setzt sie sich unter den „Manzanillabaum, dessen Duft sanft tötet“.
Meyerbeer ist Erfinder und quasi Ingenieur neuartiger Orchesterwirkungen und Architekt riesiger Bühnenereignisse. Richard Wagner hat aus der Orchesterbehandlung Meyerbeers in starkem Maße „übernommen“. Wagners hämischer, hasserfüllter Artikel „Über das Judentum in der Musik“, der sich gegen Meyerbeer richtet, verdeckt die Tatsache, dass beide Rivalen unterirdisch (und vielleicht ohne es zu wollen) kooperierten.