Heinrich Marschners „Theater der Unheimlichkeit“ an der Komischen Oper Berlin
Den Stoff lieferte der Dichter Lord Byron. Die Eroberung von Polens Osten durch das Kaiserreich Österreich-Ungarn, also von Transsylvanien, lieferte die Gruselstimmung und die Geschichten. „Der Vampyr“ heißt die Erfolgsoper des Komponisten der Deutschen Romantik, Heinrich Marschner. Nach diesem Vorbild entwarf Richard Wagner später seinen FLIEGENDEN HOLLÄNDER:
Lord Ruthwen ist ein Untoter. Nur wenn er drei frische junge Frauen, die Bräute – also „unschuldig“ – sein müssen, umbringt und sich mit ihrem Blut stärkt, wird dieser Mann noch ein Jahr überleben.
Der Gegenspieler dieses Vampirs, ebenfalls Lord, der eine der drei zur Tötung ausersehenen Frauen liebt, bringt den Vampir um. So rettet er seine Geliebte. Er ist aber durch den blutigen Kontakt mit dem Untoten selber kontaminiert. Als er sich an die Halsschlagader der geretteten Braut heranmachen will, tötet sie ihn durch sieben Stöße mit einem zugespitzten Holz in die Brust.
Der katalanische Regisseur Antú Nunez, der Dirigent Kai Tietje und Johannes Hofmann, der ergänzende Grusel-Kompositionen beisteuerte, haben Marschners Klassiker in eine beschleunigte dramatische Form gebracht. Stark und unheimlich wie in einem Splatter-Film.
► Der Vampyr (10vor11, Sendung vom 28.11.2016)
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