Christoph Menke, dritte Generation der Frankfurter Kritischen Theorie, über den Prozess der Freiheit
Zur Frankfurter Kritischen Theorie zählen Theodor W. Adorno, Max Horkheimer, Walter Benjamin und Jürgen Habermas. Von dieser Theorie gibt es inzwischen eine dritte Generation. Ein wichtiger Vertreter dieser neuen Generation ist Christoph Menke. Sein Lehrstuhl heißt: praktische Philosophie. Er befasst sich in gleicher Weise mit den Kräften im Menschen, die sich auf die Wahrnehmung und das Ausdrucksvermögen beziehen (Theorie der Ästhetik) wie auf die Kräfte, die sich auf Recht, Gleichheit und Befreiung richten (politische und praktische Philosophie).
Der Prozess der Freiheit, sagt Christoph Menke, wohnt der menschlichen Evolution inne. Er stützt sich auf einen Freiheitsdurst der Sinne selbst, also nicht bloß auf den Eigenwillen und dessen Zähmung. Sinneskräfte sind dabei nicht bloß Sehen, Hören, Tasten, Schmecken, Riechen, also die fünf Sinne, sondern auch die gesellschaftlichen Sinne, deren Zahl nicht messbar ist. Alle diese Kräfte wetteifern in ihrer Tendenz zur Freiheit miteinander.
Die Ausdrucksvermögen der Kunst (das „Können“) und die Unruhe der sinnlichen Kraft sind hierbei die Motoren im Prozess der Freiheit. Christoph Menke spricht in seinen Publikationen von der „Souveränität der Kunst“ und von einer „politischen Philosophie nach Th. W. Adorno und Jacques Derrida“. Eine wohltuend praktische Richtung moderner Theorie.
Begegnung mit Christoph Menke, zurzeit Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin.
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► Was ist Erkenntnis?
Die „Kritik der reinen Vernunft“ von Immanuel Kant ist bekannt. Jetzt publizierte Jochen Hörisch, Literaturwissenschaftler an der Universität Mannheim, sein Buch „Kritik der unreinen Vernunft“. Im Kern steht der bahnbrechende Theoretiker der Kritischen Theorie Alfred Sohn-Rethel. Ein wichtiger Aspekt der „Dialektik der Aufklärung“, so Hörisch und Sohn-Rethel, beruht auf der Beobachtung, dass erst die industrielle Praxis und der Welthandel die Abstraktionen erfand. Danach zogen die klassischen Philosophen wie David Hume und Immanuel Kant daraus die Konsequenzen von Rationalität und Aufklärung: Erst tun die Menschen etwas, danach ziehen sie daraus Einsichten. Diese Beobachtung stellt die Erkenntnis vom Kopf auf die Füße. Dass die Wurzel des die Welt übergreifenden Denkens im Geld und dem Warentausch ihre Wurzel hat, macht die Vernunft „unrein“, aber umso vitaler. Jochen Hörisch: Was ist Erkenntnis?