Benedikt von Peter inszeniert AIDA an der Deutschen Oper Berlin
Die Inszenierung an der Deutschen Oper Berlin nimmt Verdis AIDA beim Wort. In dieser Oper verbindet Verdi zwei äußerst verschiedene Materialien: ein musikalisch präzises und emotional authentisch gestaltetes Beziehungsdrama zwischen den Hauptpersonen Aida, Amneris und Radames mit einer in groben, in plakativen Flächen gezeichneten Festoper zur Eröffnung des Suez-Kanals, einer Staatsaktion, die der Triumphmarsch krönt. Der Regisseur Benedikt von Peter versteht die Zwiegestalt dieser Oper korrekt so, dass Verdi keineswegs für die triumphierende Siegermacht Ägypten Partei ergreift, sondern – im Gegenteil – für die Unterlegenen der Geschichte, die Stimmlosen und die real empfindenden Menschen.
In Benedikt von Peters Inszenierung sitzen die Choristen einzeln verteilt im Zuschauerraum. Sie singen quasi als Individuen gegen das frontale Geschehen auf der Bühne an. In solch filigraner Auflösung in ihre Details wird deutlich,
wie großartig diese wohl populärste Oper Verdis im Einzelnen gearbeitet ist. Anti-imperiale Musik!
Musikalische Leitung: Andrea Battistoni. Eine grandiose stimmliche und schauspielerische Leistung: Tatjana Serjan als Aida.
► Sieger müssen Trauer tragen (10vor11, Sendung vom 23.05.2016)
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► Das Imperium und der Eigensinn der Liebe
Das Imperium im Kriegsrausch! Kriegsgefangene, Sklaven, das unerbittliche Kontrollsystem der Priester Ägyptens. Inmitten des Geschehens, hin- und hergerissen zwischen Triumphzug und der Erwartung eines Gegenangriffs der Äthiopier: Radames, der Hauptmann der Palastwache, Prinzessin Amneris und die „Sklavin“ Aida (die eigentlich eine feindliche Prinzessin ist): ein „tödliches Dreieck“. Die „Schlachtfelder der Liebe“, sagt Giuseppe Verdi, sind nämlich noch gefährlicher und tödlicher als die des Krieges. Mit den glanzvollen Stimmen von Marina Prudenskaja (Amneris), Héctor Sandoval (Radames) und Maria José Siri (Aida).
► Helge Schneider in der Oper
Kammersänger Helge Schneider ist schon bei mancher Gelegenheit für einen erkrankten Kollegen eingesprungen. Oft geriet er in die falsche Rolle. Manchmal hilft dann Jazz. Die Leistung liegt weniger in der Stimme als in der Wandlungsfähigkeit. Helge Schneider als Cäsar, als Cleopatra und in Verdis Aida.
► Blüh‘ im Glanze dieses Glücks
Das Bühnenbild zeigt ein modernes Nürnberg mit Hochhäusern und Leuchtreklamen. In der Handlung geht es um einen Kunstwettbewerb. Dem Sieger wird am Ende Eva, die Tochter eines der Nürnberger Oligarchen, zufallen. Diese moderne Eva steht als Mittelpunkt in einem Drama zwischen dem erfahrenen älteren Mann Hans Sachs und dem jungen Innovator Walter von Stolzing. Man sieht schwarzrotgoldene Farben. Die Personen ringen um ihr Liebesleben, aber sie begründen auch ein Gemeinwesen, das sie lieben können.
Richard Wagner hatte durchaus die Absicht, mit seinem Werk DIE MEISTERSINGER VON NÜRNBERG eine Nationaloper zu schreiben. Gerade weil diese Oper während der Nürnberger Parteitage missbraucht wurde, ist es konsequent , sie heute zum Tag der Deutschen Einheit im Geiste der Revolutionäre von 1848 und vor allem im heute nach Europa orientierten Geiste der Berliner Republik neu zu sortieren. Das ist der Regisseurin Andrea Moses und dem Dirigenten Daniel Barenboim auf erstaunliche Weise an der Staatsoper im Schillertheater in Berlin gelungen. Eine Meisterleistung der Intendanz von Jürgen Flimm.
Gerade auf dem Hintergrund des politischen Integrationsversuchs treten die persönlichen Charaktere von Hans Sachs (er verabschiedet sich von männlicher Größe und Eigensucht), von der selbstbewussten Eva und dem für närrische Aktionen offenen Stolzing in scharfer Kontur hervor. Wagners Häme gegen den Kritiker Beckmesser tritt in den Hintergrund.
► Wie frei ist die Kunst?
Die Absetzung der Mozart-Oper IDOMENEO in der Inszenierung von Hans Neuenfels an der deutschen Oper Berlin wegen eines Sicherheitsrisikos wurde in den in- und ausländischen Medien stark diskutiert. Inzwischen ist beschlossen, die Oper doch aufzuführen. Was sind die Normen, wenn Sicherheitsinteresse und Kunstfreiheit miteinander in Konflikt geraten?
Der Richter am Bundesverfassungsgericht a. D. Prof. Dr. jur. Grimm, Rektor des Wissenschaftskollegs zu Berlin, über die Tragweite der Öffentlichkeitsgarantie in Artikel 5 des Grundgesetztes und die Kunstfreiheit.
Begegnung mit Prof. Dr. Dieter Grimm.