„Algebra der Worte“ in der russischen Avantgarde
Russische Poeten wie Velimir Chlebnikov und Daniil Charms nahmen an der frühen Russischen Revolution dadurch teil, dass sie eine Rebellion der Worte betrieben. Grammatik, Sinnzusammenhang und Mitteilungszweck werden durch die Freiheit der Worte weggesprengt. Gleichzeitig banden sich diese Poeten an mathematische Gesetze und die „Sternensprache des Kosmos“. Es gibt nach Auffassung dieser Dichter drei revolutionäre Sprachen mit eigener „Algebra der Worte“: die Poetik, die Mathematik und die Rebellion.
In einer wissenschaftlich hochrangigen Untersuchung (für die sie den Max-Weber-Preis erhielt) hat die Slawistin Dr. Anke Niederbudde, LMU München, die mathematischen Konzeptionen in der Russischen Moderne herausgearbeitet. Die haben schon Anselm Kiefer fasziniert, der mehrere seiner Bilder dem Dichter Chlebnikov gewidmet hat.
Der Kosmos spricht in der Ausdrucksweise der Mathematik. Poetik, die sich am Kosmos orientiert, spricht „Sternensprache“.
Alle aktuellen Sendungen der dctp finden sie online in unserem ► Catch-up Service
Sehen Sie dazu auch auf dctp.tv:
► Mathematik – was ist das?
Hans Magnus Enzensberger gehört zu den Autoren, die den Respekt vor der Mathematik einfordern. Er war Initiator für die vorliegende Sammlung von Online-Beiträgen zur Mathematik.
Nach einer Sichtweise präexistieren die Dinge in der Mathematik, und wir entdecken sie nur. In einer anderen erfinden wir sie, konstruieren wir sie. In jedem Fall neigt die Mathematik, wie jede andere Wissenschaft auch, zum Größenwahn.