Prof. Dr. Kai A. Konrad über den Umgang mit dem Schuldenberg
Es gibt das sogenannte „Samariter-Dilemma“: ein Vater, der keine Schande auf seine Familie laden will und seine Kinder liebt, bezahlt die Schulden des Sohnes. Dieser macht daraufhin neue Schulden. Am Beispiel der Schuldenberge in der E.U. und der Probleme in Griechenland analysiert Prof. Dr. Kai A. Konrad, Geschäftsführender Direktor am Max-Planck-Institut für Steuerrecht und Öffentliche Finanzen, die Gründe der Krise, die Bedeutung des „bail-out“-Verbots, den Bruch des Euro-Paktes und die gefährlichen Folgen des derzeit eingeschlagenen Wegs.
Kai A. Konrad schrieb mit Holger Zschäpitz das Buch SCHULDEN OHNE SÜHNE.
► Schulden ohne Sühne (News & Stories vom 10.07.2011)
Literaturempfehlung
Schulden ohne Sühne: Warum der Absturz der Staatsfinanzen uns alle trifft
„Dieses Buch ist ebenso faszinierend wie beängstigend, denn es handelt davon, wie Europas Politiker mit einer unkontrollierten Schuldenlawine die Zukunft unserer Kinder aufs Spiel setzen. Angebliche Rettungsaktionen für bedrängte Staaten sichern im Moment das politische Überleben und führen doch auf die Dauer zu immer mehr Schulden, bis möglicherweise der Euro selbst kollabiert. Wie man das Unheil noch abwenden kann erfährt der Leser aus einer tiefgründigen, faktenreichen und spannend geschriebenen Analyse zweier hochkompetenter Autoren.“
Hans-Werner Sinn, Präsident des ifo-Instituts
„Eineinhalb Jahre nach der Lehmann-Pleite sind mit der Griechenland-Krise ganze Staaten als Systemrisiko deklariert und durch gemeinschaftliche Rettungspakete aufgefangen worden. Die Autoren kritisieren die ungezügelte Risikobereitschaft an den Finanzmärkten, deren Folgen häufig von der Allgemeinheit zu tragen sind. Aus dieser Perspektive ist eine bessere Finanzmarktregulierung erforderlich, damit die Märkte Risiken richtig widerspiegeln. Eine sehr lesenswerte Lektüre, kenntnisreich geschrieben, mit vielen historischen Parallelen.“
Dr. Michael Heise, Allianz Chefvolkswirt
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► Wer den Pfennig nicht ehrt, ist des Talers nicht wert
Seit kurzem erhält man Cent-Stücke des Euro von den Zentralbanken nur noch auf besonderen Versteigerungen, gegen Aufpreis und in Mengen von über 300.000 Euro im Container. Die Produktion eines 1-Cent-Stückes kostet 3 Cent und ist somit teurer als der Nennwert. Die Schuldenberg-Ökonomie untergräbt die Achtung vor dem „Pfennig“, der doch das Geld des armen Mannes bleibt. Es ist interessant zu beobachten, dass jede Kultur, jede der verschiedenen Nationen Europas traditionell eine verschiedene Haltung zum Kleingeld hat. Der mangelnde Respekt vor den kleinen Münzen schafft im Bewusstsein und in der wirtschaftlichen Praxis ein großes Problem.
Der Professor für Politische Ökonomie Dr. Birger P. Priddat, Zeppelin-Universität Friedrichshafen, berichtet.
► Wer soll Europas Sprungtuch halten?
Erwin Dombrowski, Cousin des bereits im Fernsehen bekannten Lothar Dombrowski, war im Jahr 2012 zuständig für die Finanzinspektionen in Griechenland.
Dem Sparkommisar aus Brüssel geht es nicht bloß um Geld, sondern um die Vertrauenskrise, die durch Schuldenberg und Inflation (und die Unfähigkeit der Politik darauf zu antworten) entsteht.
Der heilige Zorn der Basis, sagt er, wird nicht nur die Bürokraten, sondern die Politiker überhaupt das Fürchten lehren. Dagegen ist traditionelles Preußentum gar nichts.
► 194 Jahre Hellas
Der Aufstand der Griechen gegen das Osmanische Reich begann 1821. Er wurde von den Großmächten England, Frankreich und Russland mit starker Emotion gefördert und führte 1830 zum ersten Königreich der Helenen unter dem Bayerprinz Otto. Noch während des Aufstands kam es zum ersten Staatsbankrott. Der zweite von bisher insgesamt drei lag 1883 nach einem wirtschaftlichen Innovationsschub, dem das griechische Eisenbahnsystem und der Kanal von Korinth zu verdanken sind. Als dramatisch gilt der Zweikampf zwischen dem Vollblutpolitiker Venizelios (der die Partei der Reeder, des britisch-französischen Geldes und der Wohlhabenden vertrat) mit dem König Konstantin (jetzt aus einem norddeutschen Fürstenhaus und Vertreter des Mittelstands, der Beamten und der kleineren Landbesitzer). Wie fast immer in der griechischen Geschichte schwankten die Mehrheiten. Die Regierungen lösten einander ab. Mal ging der König, mal der Vollblutpolitiker ins Exil. Man wird, sagt der Griechenlandkenner Zelepos, die neugriechische Geschichte und die Gegenwart dieses Landes nur verstehen, wenn man die einzelnen Teile betrachtet, aus denen sich das Land zusammensetzte und die bisher keineswegs integriert sind: Ein Land, das fast nur aus Besonderheiten besteht, in den Menschen selbst und in den Landschaften. Als Griechenland zu Ende des Ersten Weltkriegs gegen Deutschland und Österreich-Ungarn in den Krieg eintrat, gab die von diesem Land ausgehende Offensive den Mittelmächten den Rest. Kein unwichtiges, aber ein unsortiertes Land.
Prof. Dr. Ioannis Zelepos, Neogräzist an der Ludwig-Maximillian-Universität München, berichtet.
► Gespräch mit einem Griechen über das Kleingeld
Mit großen Scheinen sind die Schulden der Republik Hellas nicht abzutragen. Wie wäre es, wenn man statt von den Milliardensummen vom Cent ausgeht?
Alexis Chrysos, Leiter einer Spielbank in Alexandria, über die Chancen und Beleihungsmöglichkeiten der verborgenen Schätze Griechenlands und des Kleingelds, das für arme Menschen den „real existierenden Kapitalismus“ darstellt. Gerade hier aber, so Alexis Chrysos, zeigen sich die Europäischen Zentralbanken besonders kleinlich. Sie verausgaben 1-, 2- und 5-Centstücke nur noch in Form von Versteigerungen in Containern von mindestens 314.000 Euro und gegen Aufpreis. Das widerspricht, sagt Alexis Chrysos, dem Leitsatz: „Wer den Pfennig nicht ehrt, ist des Talers nicht wert“:
Peter Berling als erfahrener Spielbankchef Alexis Chrysos.
► Das Land der 1000 Inseln
Griechenland besteht in seiner Geschichte seit der Antike und in seiner Gegenwart nicht bloß aus der Hauptstadt Athen, dem Festland und dem Peleponnes, sondern vor allem aus seinen 1.000 Inseln: „Nichts ist so verschiedenartig wie die Einzelteile des griechischen Archipels“.
Die adriatischen Inseln im Westen gehörten früher zum Einflussbereich Venedigs. Sie haben eine andere Musik, andere Sitten, andere Bauweise und andere Gemeinwesen und Clans als die Inseln in Ägäis. Auch von diesen unterscheidet sich fast jede von den anderen. Geht man nicht von einem Einheitsurteil (meist einem Vorurteil) über Griechenland aus, sondern untersucht die einzelnen Regionen in Geschichte und Gegenwart, erhält man auch für die Lösung der Probleme des Landes einen besseren Blick. Dem Bürgermeister von Thessaloniki sind zum Beispiel Reformen gelungen. Die Riesenstadt Athen sucht Rat bei diesem Politiker für die eigenen Probleme. Athen selbst bildet als Megalopolis einen scharfen Gegensatz zu den agrarischen Regionen des Landes. In dieser Hinsicht erweist sich das Phänomen Griechenland als ein prismatisches Gebilde.
Joannis Zelepos, LMU München, berichtet über die Vielfalt Griechenlands.
► Philosophie des Geldes
Der Soziologe Georg Simmel veröffentlichte im Jahr 1900 seine berühmte Schrift „Philosophie des Geldes“. Dirk Baecker interpretiert diese Philosophie, die Geld aus nicht-ökonomischer Perspektive beleuchtet, und erklärt, warum der Markt gleichzeitig ein heiliger und ein verfluchter Ort war.