Neu im Catch-up Service: Beethoven, die Hoffnung und das Böse


Sylvain Cambreling über FIDELIO als geniale Theatermaschine
An der Staatsoper Stuttgart dirigiert Sylvain Cambreling die endgültige Fassung von Beethovens FIDELIO aus dem Jahr 1814. Beethoven hat an seiner einzigen Oper, die er komponierte, viele Jahre gearbeitet. Die verschiedenen Fassungen unterscheiden sich deutlich. Es gibt vier verschiedene Ouvertüren. Gleich in allen Fassungen aber bleibt das Gleichgewicht zwischen gesungenen und gesprochenen Szenen. Diese Dialoge sind wichtig und typisch für den Typ der französischen Oper. Markant die Rolle des Gefängnis-Gouverneurs, einer Gestalt des Bösen. Auf der anderen Seite die legendäre Hoffnungsarie der Leonore. Sie hat sich als Mann verkleidet und ins Revolutionsgefängnis eingeschlichen, um ihren Mann aus dem Kerker zu befreien.
Die Oper ist reich an dramatischen Szenen. Beethoven, der sonst als Meister der „absoluten Musik“ gilt, zeigt sich als Experte der Opernbühne, als Theatertier.
Begegnung mit Sylvain Cambreling.
► Beethoven, die Hoffnung und das Böse (10 vor 11, Sendung vom 29.02.2016)


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► Der wilde Atem der Musik
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Seit die Menschheit das Feuer erfand und sich in den Höhlen unserer Vorfahren auf diese Weise nachts Wärme verbreitete, entstanden auch die Sprache und die WILDE MACHT DER MUSIK. Kürzlich wurde auch der Kadaver eines Mammutbabys aus der Eiszeit ausgegraben und in der eisigen Kälte frischgehaltene Fleischstücke der japanischen Küche zugeführt.
Helge Schneider verbindet solche Urwelteindrücke mit der robusten Gegenwart. Er tritt auf als Chefdirigent eines der hervorragendsten Orchester Europas, am Mook-Synthesizer, als Kaiser Nero und in weiteren Rollen. Überall aber geht es um Musik: von der Altsteinzeit über Monteverdi bis zu Sir Simon Rattle.


► Eine Kanone namens Beethoven
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GERMANIA ist eine Kunstfigur aus der Zeit der ersten deutschen Wiedervereinigung nach dem Krieg von 1870/1871 gegen Frankreich. Ursprünglich gab es einmal eine Frau oder Hexe, die dem Römischen Imperator Drusus in der Nähe der Elbe begegnete. Vor Schreck fiel der Römer vom Pferd und seither gibt es keine adäquanten Nachfolger Caesars mehr. Dies ist der Urgrund der GERMANIA, wie sie auf den Briefmarken des Kaiserreiches und auf den Denkmälern abgebildet ist.
Die weibliche Vorkämpferin Frankreichs, MARIANNE, ging aus dem Befreiungskrieg der Revolution hervor. Im hundertjährigen Krieg siegte sie über die Engländer. Nach der großen Französischen Revolution führte sie die Franzosen auf kurze Zeit zur Herrschaft über ganz Europa.
Im Krieg von 1870/71, dessen Folge die Gründung des deutschen Reichs war und die Krise Europas bis 1989, standen sich MARIANNE und GERMANIA konfrontativ gegenüber. Nur noch die Musik verbindet beide Kernländer Europas. Beethoven zum Beispiel wird mit seiner 5. Symphonie, die eine Symphonie der Französischen Revolution ist, in einem Benefiz-Konzert im belagerten Paris aufgeführt. Von dem Erlös der Konzerte wird eine Kanone gegossen. Sie erhält den Namen Beethoven und schießt gegen die Preussen.
Dr. Manfred Osten, Generalsekretär der Alexander von Humboldt Stiftung, spricht über die grotesken Momente im Streit zwischen MARIANNE und GERMANIA, der sich über 2.000 Jahre hinzieht und über die berechtigte Hoffnung auf Eintracht, wie sie sich in einem kurzen Moment in der deutschen Klassik und im Reich Napoleons abzeichnet. Im 21. Jahrhundert werden sich MARIANNE und GERMANIA entweder vertragen oder es wird kein Europa mehr geben.


► Macht Beethovens Musik mutig?
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Schillers „Lied an die Freude“, vertont von Beethoven in seiner 9. Sinfonie, hat die Welt erobert. Beethovens Fassung war die Leitmelodie zur deutschen Wiedervereinigung. Nichts aber übertrifft die Rezeption dieses Musikstücks in Japan. Die Begeisterung geht zurück auf einen Anspruch Bismarcks: „Die 9. Sinfonie ist eine Musik, die mich tapfer macht.“
Deutsche Kriegsgefangene im japanischen Gefangenenlager Bando sangen 1914 die Hymne und berichteten von Bismarcks Worten. Die japanischen Wachoffiziere trugen das Lied nach Japan, wo es heute zu jedem Sylvester 800-mal zum Teil in Form zusammengesetzter Großchöre vorgesungen wird.
Macht Beethovens Musik mutig? Dr. Manfred Osten, ehemals an der deutschen Botschaft in Tokio, berichtet von der Rezeption Beethovens in Japan mit besonderem Hinweis auf den merkwürdigen Urtext von Schillers Dichtung.