Roderich Ptak: die „maritime Seidenstraße“ (von China nach Westen)
Nur etwa eine Generation, bevor die portugiesischen Schiffe Vasco da Gamas um das Kap der Guten Hoffnung fuhren und den Indischen Ozean und später Ostasien erreichten, baute der legendäre Admiral Zheng He im Auftrag der Ming-Kaiser eine Flotte von Riesenschiffen. Diese Flotte gelangte bis nach Ost-Afrika und bis an die Straße von Hormus am Persischen Golf. Das Selbstbewusstsein des modernen China knüpft heute an die damalige Expedition an. Beinahe wäre es an der Wende vom 15. zum 16. Jahrhundert zu einer direkten Begegnung Europas und Chinas auf See gekommen. Ob friedlich oder kriegerisch, das weiß man nicht.
Der Sinologe Prof. Dr. Roderich Ptak stellt den Flottenvorstoß von Zheng He in den umfassenderen Zusammenhang der „maritimen Seidenstraße“, die über mehr als 1.000 Jahre von China ausging. Die Welt sieht von China, dem östlichen Zentrum der Welt, anders aus als von den europäischen Hauptstädten. Europa erscheint, von Peking gesehen, auf der Erdkugel weit oben im Nord-Westen als relativ kleinteiliges Gebilde.
Prof. Dr. Roderich Ptak, Ludwig-Maximilians-Universität München, berichtet.
► Die Flotte der Ming-Kaiser (10 vor 11, Sendung vom 14.12.2015)
Literaturempfehlung
Roderich Ptak: Die maritime Seidenstrasse: Küstenräume, Seefahrt und Handel in vorkolonialer Zeit (Historische Bibliothek der Gerda Henkel Stiftung)
Roderich Ptak erzählt in diesem faszinierenden Überblick die Geschichte der Meere zwischen Ostafrika und Japan von den frühesten, archäologisch faßbaren Zeiten bis in die Neuzeit. Er geht den Handelsnetzen in diesem weiten Raum nach, beschreibt den Kulturaustausch zwischen weit entfernten Küsten, die Wanderung von Religionen über das Meer und die Bildung von politischen Netzwerken unabhängig von den großen Landmächten.
Als Portugiesen und Spanier in den Indischen Ozean und nach Fernost vordrangen, stellten sie erstaunt fest, daß Araber, Inder und Chinesen schon seit Jahrhunderten auf den asiatischen Meeren verkehrten und über Schiffe verfügten, die ihren eigenen kaum nachstanden. China war lange Zeit eine maritime Großmacht, die ein weites Gebiet beeinflußte. Sie trug entscheidend dazu bei, daß Asiens maritime Zonen zu einem großen Handelsnetz zusammenwuchsen: der maritimen Seidenstraße. Ptak beschreibt Winde und Meerengen, Häfen und Inseln, Seerouten und die Entwicklung der Seefahrt. Nicht zuletzt legt er dar, wie neben Handelswaren auch Ideen und Wissen über die Ozeane verbreitet wurden. Damit wird ein Kapitel der Weltgeschichte sichtbar, das sich abseits von Europa und noch vor der europäischen Expansion abgespielt hat.
–> Bei Amazon bestellen
Sehen Sie dazu auch auf dctp.tv
► Nachrichten vom Riesen China
Die menschliche Zivilisation entstand zweimal, jeweils getrennt: einmal im Osten (China, Indien), dann im Westen (Rom, Frankenreich). Die Menschheit ist ein Zwilling. Seit Leibniz und Goethe gibt es den versonnenen Blick auf China und wieder zurück auf uns selbst. Der rasante Aufstieg, den China heute vorführt, hat diesen Spiegeleffekt beachtlich vergrößert. Westler, die in diesen Spiegel hineinblicken, sehen etwas von sich, was sie bis dahin noch nicht wussten.
► Rohrpost für alle
Die Berliner Künstlerin Mey Lean Kronemann hat das Projekt „Seidenstraße“ ins Leben gerufen: Ein Rohrpost-System aus Drainage-Rohren, Staubsaugern und Plastikflaschen. Im Gespräch mit Philip Banse erklärt Mey Lena Kronemann das System – und wie die Ware ans Ziel kommt.