Heute Abend im TV: Im Reich der Mahdi (20.01.2016, 00:45 Uhr bei News & Stories auf SAT1)

„Ein Aufstand der Seelen, der Europa erschreckte“
Vieles, was wir an dem IS in Syrien und im Irak nicht verstehen, hat einen Vorläufer im sogenannten Mahdi-Aufstand von 1881-1899. Die Rebellion im Namen Allahs gegen den Westen erfasste den gesamten Sudan. Das Britische Imperium samt Verbündeten braucht fast zwei Jahrzehnte, um diesen islamischen Aufstand wirksam zu unterdrücken. Der britische Generalgouverneur Gordon wurde in Khartum von den Glaubenskriegern belagert und am Ende massakriert. Der charismatische Führer des Aufstandes nannte sich Mahdi (das ist ein „Bote Allahs“, ein Verkünder). Nach seinem Tod begründete der Nachfolger ein Kalifat. An Grausamkeit fehlte es weder den europäischen Maschinengewehren, noch den Säbeln der rabiaten Islamisten. Karl May schrieb den Roman „Im Reich des Mahdi“, weil alle Welt sich mit diesem Aufstand befasste. An der Schlacht von Omdurman, welche die Rebellion beendete, nahm Winston Churchill als junger Leutnant teil. Zwischen diesem Mahdi-Aufstand und dem Krieg der IS findet sich eine ununterbrochene Kette muslimischer Rebellionen gegen den Westen (in Europa meist unbekannt).
Prof. Dr. Erhard Oeser, Universität Wien, berichtet.
 
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► Aufstand der Tuareg
wuesteAls der Präsident Hollande an einem Samstag das Eingreifen Frankreichs in Mali zur Rettung Timbuktus und zur Bekämpfung des Dschihads in der Republik Mali verkündete, wurde die Weltöffentlichkeit auf eine Konfliktzone aufmerksam, die sich in den Grenzregionen zwischen den Republiken Niger, Mali und Algerien erstreckt. Niger ist das Zentrum des Uranbergbaus, von dem die französische Atommacht abhängig ist. Der Süden Algeriens ist politisch instabil, ein Bergland. Im ganzen Gebiet gibt es seit Jahrzehnten den Aufstand der Tuareg, ein Berbervolk.
Der Ethnologe Prof. Dr. Georg Klute hat vor Ort mit den Tuareg gelebt und erforscht ihre Lebensweise und vor allem ihre sich auf Jahrzehnte erstreckenden Rebellionen. Er verbindet damit eine Darstellung des Wüstenkriegs. Sein Buch, das er eine ANTHOLOGIE DER GEWALT UND DES KRIEGES nennt, ist ein Standard-Werk. Der Aufstand der Tuareg ist nicht zu verwechseln mit den Milizen des Dschihad. Teilweise schließen die beiden Arten des Wüstenkriegs einander aus.
Bei den Tuareg geht es um Nomaden, Schmuggler, Lohnhirten, Oasengärtner, Soldaten, Emigranten, aktive Aufständische, Händler und Räuber, Schriftgelehrte und Dichter – eine Vielfalt und nichts, was sich auf ein Schema zurückführen lässt. Zugleich untersucht Georg Klute die nomadische Kriegsführung und deren Verankerung sowohl in der Vorgeschichte wie in der technischen Moderne. Die Technik des Streitwagens z.B. sieht man in Assur und im Ägypten Ramses des Zweiten. Man sieht sie wieder, heute, in den modernen Pick-ups mit aufmontierten Maschinenwaffen, dem Hauptwerkzeug des Wüstenkriegs. Es geht um einen Blick in eine fremde Welt, deren Kämpfe inzwischen Europa und auch die Bundesrepublik mehr angehen als wir meinen. Es ist eine vielfältige Welt, die man kennen und verstehen sollte.
Begegnung mit Georg Klute, Hochschullehrer an der Universität Bayreuth, einer der wenigen Experten in Bezug auf die blaugewandeten Tuareg, die keine Romantik darstellen.


► Buchhaltung des Terrors
buchhaltung-terrorDer Journalist Georg Mascolo, ehemaliger „SPIEGEL“-Chefredakteur und Leiter eines Investigativ-Teams von NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung (SZ), befasst sich mit seinen Mitarbeitern schwerpunktmäßig mit Fakten aus dem Umkreis des IS, der anscheinend derzeit schlagkräftigsten unter den bekannten Terrorgruppen in der Welt. Im Irak recherchierte und überprüfte er Unterlagen, aus denen sich eine merkwürdig präzise bürokratische Struktur des „Islamischen Staates“ ergibt. Hier gibt es z. B. eine Registratur und Buchhaltung über Selbstmordattentate.
Was macht die IS so gefährlich? Wie kommt es zu grauenhaften Vorgängen wie der Verbrennung des Piloten der jordanischen Luftwaffe, der am 24. Dezember 2014, also zu Heiligabend, abstürzte und von der IS gefangengenommen wurde? Was macht den islamischen Fanatismus so attraktiv für europäische Anhänger, die sich vom IS rekrutieren lassen?
Eine absurde Verknüpfung ist es, dass die ehemaligen Militärs und die Geheimdienstleute von Saddam Hussein, nachdem sie aus der Armee entlassen und inhaftiert waren, sich mit den religiösen Fanatikern des IS, darunter al-Baghdadi, in einem Gefängnis der USA im Irak zusammenfanden. Vor dem Einmarsch Buschs in den Irak gab es keine Al-Quaida in nennenswerter Zahl in Mesopotamien, auch keine des IS. Erst in den Lagern und Gefängnissen bildete sich „eine Hochschule des Terrors“, „eine Schule des Kriegs“, die Zusammenarbeit zwischen Ex-Hussein-Militärexperten und aggressiven Islamisten. Dies ist der Kern des IS.
Georg Mascolo berichtet.


► Wie der IS Propaganda macht
isisDie Blogger Thomas Wiegold und Sascha Stoltenow erklären Philip Banse, wie der Islamische Staat den Nachwuchs rekrutiert – und was die Bundeswehr damit zu tun hat.
 


►Der Traum vom Sieg im Orient 1914/18
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Während die Fronten im Westen im Stellungskrieg verharrten gingen die Hoffnungen der Mittelmächte in den Nahen Osten. Es gab Pläne, Afghanistan zum deutschen Verbündeten zu machen, von Istanbul aus einen Heiligen Krieg der Araber gegen England anzuzetteln (das löste dann umgekehrt den Arabischen Aufstand des Laurence of Arabia aus) oder den Suez-Kanal zu sperren. Zu diesem Zweck hatten die Deutschen, aber auch die Regierung in Wien, starke Geheimdienstbüros nach Istanbul vorgeschoben. Hier wurde geplant und konspiriert. Spionage und Propaganda lagen in einer Hand.
Das Merkwürdige liegt darin, dass beide Geheimdienste, der deutsche und der österreich-ungarische, vor allem gegeneinander arbeiteten. Wien siegte dabei auf dem Gebiet der Propaganda haushoch über Berlin. Die reichsdeutsche Kulturoffensive mit Opern aus dem Coburger Staatstheater kam gar nicht an. Dagegen hatte die Czárdás-Fürstin aus Wien 1918 noch vierzig Vorstellungen in der osmanischen Hauptstadt. Die Wiener Truppe sollte im Dezember 1918 nochmals zurückkehren. Da war der Krieg schon abhanden gekommen.
Alexander Will hat die weitgreifenden, aber oft auch improvisierten Siegesvorstöße der Mittelmächte in den Orient in einer Untersuchung detailreich beschrieben. Er berichtet.