Prof. Dr. Karin Mölling: „Wir schwimmen in einem Meer von Viren“
Auf unserer Haut, in unserem Darm, tragen wir lebenslänglich Viren umher. Wir schwimmen aber auch äußerlich in einem Ozean von Viren. Diese Partikel, die noch keine Zellen sind, sind unvorstellbar alt und gehören zu jeder Gegenwart. Wir sprechen über diese wilde Gegenwelt immer dann, wenn Viren Krankheiten auslösen. Die überwältigende Mehrheit dieser Mikroorganismen ist aber unschädlich und einige davon sind für das Leben unersetzlich. Stimmt die Vermutung, dass Viren unsere ältesten Vorfahren sind?
Die letzten Jahrzehnte waren Goldgräberjahre der Virusforschung. Trotzdem sind breite Teile dieser „Supermacht des Lebens“ unerforscht. Die kleinsten Viren sind 100-fach kleiner als Bakterien. Es gibt aber auch Giga-Viren, die größer sind als Bakterien und den Übergang vom Virus zur Zelle andeuten. Mächtige Giga-Viren aus der Zeit vor 30.000 Jahren wurden im Permafrost Sibiriens entdeckt: nach Auftauen höchst lebendig.
Die Virologin und Krebsforscherin Prof. Dr. Karin Mölling, Universität Zürich, berichtet Neues und Verblüffendes aus der Erfolgsgeschichte der Viren, die vor 3,5 Milliarden Jahren begann (also recht kurz nach Konsolidierung des Sonnensystems und damit des Erdballs). Hier kann man die Anfänge der Evolution studieren. Sie begann auf der Basis einfacher RNA-Ketten: den analphabetischen Alleskönnern, die damals und heute die Basis bilden für die buchstabenfreudigen biologischen Kräfte, aus denen sich die Evolution bis zu uns und den Primaten fortsetzt.
Eine Reise in unsere nahe und ferne Umgebung. „Wir schwimmen in einem Meer von Viren“.
Begegnung mit Prof. Dr. Karin Mölling, Fellow des Wissenschaftskollegs zu Berlin.
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► Bakterien vergessen nichts
Mikroben bilden „Gesellschaften“. Sie existieren in Pulks und bilden „Inseln in der Zeit“. So kann uns heute eine solche Gruppierung begegnen, die vor Millionen von Jahren entstand. Im Jahr 1876 wies Robert Koch die ersten Bakterien nach. Heute weiß man: Es reichen zehn Bakterien aus, um einen menschlichen Organismus umzubringen. Im Gegensatz zu Bakterien können Viren nicht autonom leben. Als Krankheitserreger spielen sie aber eine große Rolle. Mittlerweile wurden sogar Viren entdeckt, die andere Viren befallen. Prof. Dr. Dr. Jörg Hacker ist Leiter des Robert-Koch-Instituts, das sich für den Fall einer Pandemie zuständig zeichnet.
► Supermacht der Viren
Über die evolutionäre Rasanz der kleinsten Lebenssplitter: der Viren. Deren Evolution existiert parallel zu derjenigen der Lebewesen, die aus ganzen Zellen bestehen. Zugleich ist verblüffend, wie die Welt der Viren und die der Tiere ineinandergreifen. Viren sind Motoren des Fortschritts, nicht nur Feinde.