Stefan Bierling: Die Geschichte des Irakkriegs
Georg W. Bushs Abenteuerkrieg im Nahen Osten gehört zu den Beispielen, wie man es nicht machen soll. Stefan Bierling, Historiker und Spezialist für das europäisch-amerikanische Verhältnis, beschreibt die Geschichte und die Folgen dieses Krieges in zum Teil unbekannten Einzelheiten. Man kann sich mit den Irrtümern der Geschichte nicht genug auseinandersetzen. Das gilt auch für den, der die transatlantische Brücke zwischen Europa und den U.S.A. für eine elementare Notwendigkeit hält.
Prof. Dr. Bierling, Universität Regensburg, berichtet.
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► Volles Schlachtgetümmel
In der Mojave-Wüste in Kalifornien hat die US-Armee ein Irak-Übungsgelände aufgebaut. Das Projekt kostet Milliarden von Dollars. Bevor ein Army-Bataillon in den Irak aufbricht, übt es in der Attrappen-Stadt den Krieg. Auch bei der Übung eskaliert die Situation und die besetzte „irakische Stadt“ wird zerstört. Die unabhängigen Filmemacher Tony Gerber und Jesse Moss (aus New York) haben die Simulation in einem abendfüllenden Film dokumentiert.
► Vom Gegner lernen
Rivalität und Krieg sind so ernste Herausforderungen, dass Nationen, die einander als Feinde betrachten, ohne es zu wollen, vom Gegner lernen. So lernen z.B. die Deutschen aus den Niederlagen, die ihnen Napoleon zufügte, die Element der Französischen Revolution nachträglich kennen, ohne selber zu revolutionieren.
Russland hat Frankreich 1812 besiegt, aber in allen russischen Salons wird Französisch gesprochen. Auch im 20. Jahrhundert wird vom Gegner gelernt. So übernimmt die junge Sowjetunion den Taylorismus und die industrielle Massenfabrikation vom kapitalistischen Gegner USA. Und so gibt es innerhalb des New Deal Roosevelts einen freiwilligen Arbeitseinsatz, die „ccc boys“, die ganz ähnlich aussehen wie der nationalsozialistische Reichsarbeitsdienst. Das Lernen erfolgt hier aber partiell, ohne dass der Faschismus übernommen wird.
Wie Menschen lernen (und dass sie nicht sicher entscheiden können, von wem sie lernen) gehört zu den interessantesten Themen der Theorie. Darüber berichtet Prof. Dr. Martin Aust (LMU), Herausgeber des Bandes VOM GEGNER LERNEN. Diesen Zusammenhang ergänzt er durch ein Darstellung der vier grundlegenden Arten menschlichen Lernens.
► Buchhaltung des Terrors
Der Journalist Georg Mascolo, ehemaliger „SPIEGEL“-Chefredakteur und Leiter eines Investigativ-Teams von NDR, WDR und Süddeutsche Zeitung (SZ), befasst sich mit seinen Mitarbeitern schwerpunktmäßig mit Fakten aus dem Umkreis des IS, der anscheinend derzeit schlagkräftigsten unter den bekannten Terrorgruppen in der Welt. Im Irak recherchierte und überprüfte er Unterlagen, aus denen sich eine merkwürdig präzise bürokratische Struktur des „Islamischen Staates“ ergibt. Hier gibt es z. B. eine Registratur und Buchhaltung über Selbstmordattentate.
Was macht die IS so gefährlich? Wie kommt es zu grauenhaften Vorgängen wie der Verbrennung des Piloten der jordanischen Luftwaffe, der am 24. Dezember 2014, also zu Heiligabend, abstürzte und von der IS gefangengenommen wurde? Was macht den islamischen Fanatismus so attraktiv für europäische Anhänger, die sich vom IS rekrutieren lassen?
Eine absurde Verknüpfung ist es, dass die ehemaligen Militärs und die Geheimdienstleute von Saddam Hussein, nachdem sie aus der Armee entlassen und inhaftiert waren, sich mit den religiösen Fanatikern des IS, darunter al-Baghdadi, in einem Gefängnis der USA im Irak zusammenfanden. Vor dem Einmarsch Buschs in den Irak gab es keine Al-Quaida in nennenswerter Zahl in Mesopotamien, auch keine des IS. Erst in den Lagern und Gefängnissen bildete sich „eine Hochschule des Terrors“, „eine Schule des Kriegs“, die Zusammenarbeit zwischen Ex-Hussein-Militärexperten und aggressiven Islamisten. Dies ist der Kern des IS.
Georg Mascolo berichtet. Spannend und informativ.
► Sicherheit nirgendwo / Elmar Theveßen über die dritte Generation der Terroristen
Europa sieht sich konfrontiert mit der dritten Generation islamistischer Terroristen. Auch Länder wie Deutschland oder die Schweiz, die sich im Irak nicht militärisch engagiert haben, sind vor dem Terror nicht sicher. Es entsteht vielmehr eine NEUE UNBERECHENBARKEIT, die die dritte Generation des Terrorismus von den bereits unberechenbaren älteren unterscheidet. Hierüber berichtet Elmar Theveßen in seinem Buch „Terroralarm“.
► Ein Politischer Vulkanforscher / David Ignatius von der WASHINGTON POST
In der Weltpolitik geht es um Gleichgewichte. Regelmäßig werden sie gestört durch politische Eruptionen. Meist ereignen sich diese dort, wo man sie lange Zeit nicht erwartete. Liegen die wichtigsten Krisen in Nordafrika, am Nordmeer, in Ostasien oder im Nahen Osten? Kommt es überhaupt auf die Wichtigkeit oder nicht vielmehr auf das Netz dieser Krisen an?
David Ignatius ist Mitherausgeber und Redakteur der WASHINGTON POST. Er ist es seit 30 Jahren gewöhnt, selber in die Krisengebiete zu reisen. Er berichtet über das, was er wirklich gesehen hat.
Spannend und informativ.
► Eskalationsfalle Iran / Je unwirklicher die Drohungen, desto rascher drängen sie zur Tat
Es wurde versäumt, durch internationale Garantien für die Sicherheit des Iran dieses Land rechtzeitig von dessen Plänen zur Atomrüstung abzubringen. Inzwischen haben die Haltung und die persönlichen Äußerungen des iranischen Präsidenten die Verständigung mit der übrigen Welt schwergemacht. Auf der anderen Seite ist es schwierig, sich vorzustellen, dass die militärischen Drohungen des Westens ausführbar sein sollen. Es entsteht eine klassische ESKALATIONSFALLE. Je stärker gedroht wird, desto unwahrscheinlicher wird die Ausführung der Drohungen und je unwirklicher die Drohungen werden, desto mehr muss man sie verstärken.
Vizeadmiral A.D Ulrich Weisser, ehemaliger Planungschef der Bundeswehr, berichtet.
► Weitere interessante Beiträge zu dem Thema finden Sie u. a. in unserer Themenschleife auf dctp.tv: Wieviel Krisen verträgt die Welt?