Szenen von Hans Neuenfels zu Puccinis MANON LESCAUT an der Bayrischen Staatsoper München
Die klassische Liebesgeschichte von Abbé Prevost erzählt von einem Paar, dessen leidenschaftliche Verbindung im Überschwang begann, durch die ganze Verwirrung von Gier, Schicksal, gemeinsamen Straftaten und Glücksspiel hindurch am Ende in der Wüste einer französischen Kolonie endete.
Giacomo Puccini hat diesem Stoff eine bezaubernde frühe Oper gewidmet. Der Regisseur Hans Neuenfels, der auch literarischer Autor ist, hat Puccinis Oper seinerseits in eine Erzählung verwandelt (auch mit eigenen Texten), die überraschende und sehr moderne Akzente setzt. „Abgründe des Liebeslebens“.
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► MANON LESCAUT
Durch Zufall treffen bei einem Pferdewechsel in Nordfrankreich die junge Manon Lescaut und der Chevalier Des Grieux aufeinander. Vom ersten Augenblick an sind sie ein klassisches Liebespaar. Sie brennen gemeinsam durch. Des Grieux wird später zum Spieler. Manon zur Diebin. Sie wird verurteilt und nach Amerika deportiert. Des Grieux folgt ihr.
MANON LESCAUT ist die zweite Oper, die Puccini schrieb. Sie hat bereits das Feuer und den Erfindungsreichtum wie es sich in den späteren Werken dieses Komponisten findet. Der Stoff stammt aus der Novelle des Abbé Prevost und ist von diesem im Sinne der Aufklärung des 18. Jahrhunderts auch kritisch gemeint. Liebe beginnt jäh und endet hier in der Wüste.
Der Regisseur Hans Neuenfels hat dieses Werk an der Bayerischen Staatsoper München auf der Folie des 18. Jahrhunderts, aber im Übrigen ganz modern neu inszeniert. Es geht um die Abgründe der Liebe, aber auch um ihre Unbezwinglichkeit. Die Kostüme des Chors bringen eine faszinierende Geisterwelt aus dem Jahrhundert der Vernunft auf die Bühne. Die Pointe: Mit allem wurde die Aufklärung fertig, mit der Liebe nicht.
Überragend in der Rolle der Manon: Kristine Opolais. Den Des Grieux singt Jonas Kaufmann. Intendanz: Nikolaus Bachler. Musikalische Leitung: Alain Altiloglu.
Spannend und informativ.
► JENUFA
In einem mährischen Dorf im 19. Jahrhundert. Es herrscht strenge sittliche Kontrolle auf Gegenseitigkeit. Jenufa ist schwanger. Unehelicher Vater ist ihr Halbbruder, ein leichtsinniger Mensch, Schwarm der Frauen im Ort. Wenn das Kind ohne Vater zur Welt kommt, ist Jenufa so gut wie tot.
Hauptgestalt der Oper ist die sogenannte Küsterin, die Ziehmutter Jenufas. Sie will das Schicksal Jenufas wenden. Gleich nach der Geburt ertränkt sie das Kind in einem winterlichen Gebirgsbach. Jetzt ist der Weg für Jenufa frei. Sie heiratet den anderen Halbbruder, einen soliden Menschen. Während die Hochzeit gefeiert wird, wird das tote Kind am Ufer angeschwemmt, herangebracht. Die Küsterin wird verhaftet.
Janáček hat diese Familientragödie in eine unvergleichbare Musik gebracht. Diese Musik verbindet eine Tonalität mit der melodischen Kraft Puccinis mit einer genauen Beobachtung und Wiedergabe dessen, wie Menschen in der tschechischen Sprache wirklich sprechen. In der eindrucksstarken Inszenierung von Peter Konwitschny am Theater Augsburg liegt der Höhepunkt in der Szene, in der Jenufa ahnungsschwanger von ihrem gerade geborenen Kind träumt, das in diesem Moment umgebracht wird. Die Sologeige und Jenufa treten miteinander in ein Duett, das der Zuschauer nicht vergessen wird.
► Tsunami der Emotion
TOSCA von Giacomo Puccini ist die kompakteste Oper des italienischen Verismo. Die Handlung spielt an einem Nachmittag und in einer Nacht des Jahres 1800 in Rom. Alle Protagonisten, die schöne Sängerin Tosca, ihr Geliebter, der Revolutionär Cavaradossi und der Polizeichef Baron Scarpia, sterben.
Prof. Dr. Joseph Vogl, Humboldt-Universität Berlin, über die Arbeitsteilung der Gefühle in den klassischen Melodramen. Wie lebt man mit den Tsunamis der Emotion?