Lebensschiffe brauchen Anker. Einer meiner Anker ist Oskar Negt.
Wir haben uns 1972, vor 42 Jahren, erstmals zu gemeinsamer Arbeit zusammengesetzt. Der Titel des ersten Buches, das wir damals schrieben, heißt ÖFFENTLICHKEIT UND ERFAHRUNG.
Nach unseren Büchern haben Oskar Negt und ich unsere Zusammenarbeit in Form öffentlicher Gespräche fortgesetzt. Über 40 davon wurde in Kulturmagazinen gesendet. Ein Zentrum unserer Gespräche bildet IMMANUEL KANT. Eine der Schriften Kants, die er mir bei einer solchen Gelegenheit tief eingeprägt hat, heißt: „Über den Gemeinspruch: das mag in der Theorie richtig sein, taugt aber nicht für die Praxis“.
Ich kann die Grundhaltung, die Oskar Negt mir in 42 Jahren intensiv vermittelt hat, nicht besser verdeutlichen als durch die Positionierung von Immanuel Kant, die er mir nahegebracht hat.
Bei Freundschaften ist es nämlich so, dass der, der etwas schenkt, selbst etwas bekommt. „Freundschaft als ein Begriff dafür, dass man das, was man vom Anderen haben will, gerade dadurch selbst gibt“.
(Alexander Kluge)
► Oskar Negt auf dctp.tv (11 Filme)
► Was heißt NICHTS?
Menschen fürchten die Leere und das NICHTS. Die Philosophen dagegen (und die modernen Physiker) gehen mit dem NICHTS täglich um. Hegel behauptet, das NICHTS sei der Gegenpol für ein jegliches ETWAS. Er steigert dies, wenn er sagt: Ohne den Abgrund des NICHTS könnte sich das Sein nicht bewegen.
Mit Oskar Negt.
► Man kann nicht lernen, nicht zu lernen
In der Adventszeit 1784 veröffentlichte Immanuel Kant den Aufsatz: „Was ist Aufklärung?“. Dieser Aufsatz enthält die klassische Definition des vernünftigen Emanzipationsprozesses, der ein ganzes Zeitalter bewegte. Jede Gesetzgebung, die den Prozess der Aufklärung der Menschen endgültig aufzuhalten versucht, ist null und nichtig, sagt Kant.
Er ist auch auf etwas Unmögliches gerichtet, weil sich Menschen in ihrer Emanzipation nicht aufhalten lassen. Was heißt Aufklärung? Was sind die Grundlagen dieses Prozesses, der so lange ein Projekt blieb und doch unaufhaltsam zu sein scheint?
Oskar Negt, Soziologe und Philosoph, berichtet.
► Die 7 Todsünden und der moderne Charakter
Im Barocktheater gibt es mehr als 1002 verschiedene Sünden, Tugenden und personifizierte Begriffe. Unter den Begriffen stehen traditionell an erster Stelle Schönheit und Jugend, die Zeit (zugleich Tod), das Vergnügen (zugleich Freiheit) und die Enttäuschung (die Erkenntnis).
Von den Todsünden sind der Geiz, die Genusssucht, der Hochmut, der Neid und die Trägheit des Herzens (akedia) von besonderer Verwerflichkeit. Jeder Todsünde entspricht aber im Mittelalter und bei Thomas von Aquin auch eine Hochtugend. Und es ist von Interesse sich heute zu fragen, wie sich diese Vorstellungen von Abgrund und Idol ins 21. Jahrhundert übersetzen lassen.
Der Philosoph und Soziologe Prof. Dr. Oskar Negt im Gespräch.
Spannend und informativ.
► Römische Grausamkeit
Der Senat war von reichen Grundbesitzern beherrscht. Zwei Volkstribunen, die Brüder Gracchus, wollten durch Volksabstimmung eine gerechtere Umverteilung des Bodens erreichen. Nach der Verfassung der Republik waren ihre Argumente nicht zu widerlegen. Also musste man sie töten. Noch Rosa Luxemburg, die 1919 ermordet wurde, nannte sich in ihren journalistischen Artikeln in der Leipziger Volkszeitung GRACCHUS.
Der Sozialforscher Oskar Negt über die Geschichte der Brüder Gracchus und den Satz „Sozialismus oder Barbarei“, der eine wichtige Rolle in der Sozialdemokratie vor 1914 spielte.
► Was ist Krieg?
Der Sozialphilosoph, Oskar Negt, über den Krieg. Vom mehr als 30-jährigen Peloponnesischen Krieg in der Antike bis heute.
► Das Prinzip Stadt – Innenarchitektur des menschlichen Bewusstseins
Wenn mehr Menschen in einer Stadt leben, als sich miteinander verständigen können, dann müssen Kolonien gebildet werden. In der Antike regelten die Städte ihre Größe auf diese Weise selbst. Von Babylon bis in die heutige Zeit gibt es jedoch auch zahlreiche Beispiele für „Überwucherungen“.
Oskar Negt über das „Prinzip Stadt“ und die davon ausgehende Prägung des menschlichen Bewusstseins.
► Was heißt fröhliches Scheitern in der Risikogesellschaft?
Oskar Negt über wild gewordene Warenproduktion. Wie gefährlich ist eine ichbezogene, unruhige, überbeanspruchte soziale Kultur? Was heißt „fröhliches Scheitern in der Risikogesellschaft“?
► Unser Bewusstsein formt sich wie eine Stadt
Die griechischen Seestädte sind etwas grundlegend anderes als Ninive oder Babylon – und diese Großstädte wiederum etwas anderes als die Verwaltungshauptstadt eines Weltreichs, Rom.
Die Kelten wiederum hatten sogenannte „Oppida“, Vorratsburgen mit angeschlossener Siedlung; jeder Typ dieser Städte spiegelt ein anderes Gemeinwesen und, in Rückwirkung auf das Bewusstsein, eine andere Mentalität. Oskar Negt berichtet.
► Die Geschichte vom verkrachten Mann und der Traum-Frau
Karl Kraus nannte Lehárs LUSTIGE WITWE eine „Gehirnschande“. Das berühmte Stück, geschrieben 1905, besitzt einen märchenhaften Kern, der den Welterfolg erklärt. Es geht um den Sturz einer ehemals mächtigen Männergesellschaft, wie er 1914-18 in Europa Wirklichkeit wurde. Zugleich geht es um den Aufstieg einer selbstbewussten Frau, der Titelheldin.
► Städte im Kopf der Menschen
Marx beobachtet in seinen „Grundrissen der politischen Ökonomie“, wie in Norditalien im Spätmittelalter Handwerker und arbeitserfahrene Proletarier auf das Land zurückgetrieben werden. Sie entwickeln dort den Gartenbau, also „städtische Landwirtschaft“. Diese Städte im Kopf der Menschen haben für Oskar Negt bildenden Charakter.
► Man brennt etwas ein…
Oskar Negt und Max Horkheimer über einen Satz von Friedrich Nietzsche.