Dr. Martin Plath über Evolution und Polymorphie der Fortpflanzung
Ein karpfenartiger Fisch, den es im Atlantik ebenso gibt wie im Süßwasser und der sich rasch vermehrt und eine interessante Vielfalt an sexuellen Präferenzen zeigt, wird „Millionenfisch“ genannt. An ihm studieren die Evolutionsbiologen gern die Varianten des Paarungsverhaltens. Sie sind verblüfft darüber, dass weibliche Exemplare, nachdem sie den Zweikampf zwischen zwei Männchen um ihre Gunst beobachtet haben, zunächst oft den Besiegten bevorzugen.
Die Biologen führen das darauf zurück, dass sie den aufgemotzten und im Kampf erregten Sieger als Gewalttäter fürchten. Eine Zeit später legt sich der Impuls und sie kehren zu der Präferenz für den Stärkeren zurück. Das lässt sich alles mit Darwins Thesen vereinbaren, dass die Evolution Wege verfolgt, die für eine reiche Nachkommenschaft günstig sind. Wie aber ist die Homosexualität unter den Fischen zu verstehen? Sie bringt keine Nachkommen. Offenbar hat sie aber ebenfalls evolutionäre Vorteile.
Dies alles gehört zum Forschungsgebiet des Evolutionsbiologen Privatdozent Dr. Martin Plath, Universität Frankfurt.
► Das Paarungsverhalten der Millionenfische – 10 vor 11, Sendung vom 26.05.2014
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► Wir überlisten den Tod
Daphnien sind kleine Krebstiere, populär auch „Wasserflöhe“ genannt. Gegenüber Klimaveränderungen, Naturkatastrophen und Nahrungsmangel haben diese Tiere, beheimatet in ihrem Wasserelement, in ihrer langen Evolution geniale Strategien entwickelt. Dazu gehören Dauer-Eier, die in Notzeiten auf den Grund des Teiches oder des Sees absinken, dort über viele Jahrzehnte – vermutlich sogar Jahrhunderte – in Dauerruhe verharren, also überleben und bei der ersten günstigen Veränderung der Umwelt die Population wieder herstellen. Die winzigen Tiere vermehren sich normalerweise indem sie sich klonen. Werden die Zeiten aber hart, so gehen sie über zur zweigeschlechtlichen Sexualität und gewinnen durch Mischung ihrer Gene zusätzliche Abwehrchancen für ihren Nachwuchs. Was Kampf und List zur Überwindung des Todes betrifft, sind sie uns höheren Säugetieren absolut überlegen.
Der Evolutionsbiologe Prof. Dr. Klaus Schwenk, Universität Koblenz-Landau, berichtet.
Spannend und informativ.
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Die biologische Evolution ist blind. Zugleich zeigt sie aber einen der eindrucksvollsten „Integrativen Lernprozesse“. Derjenige gewinnt, der sich erfolgreicher vermehrt. Der Evolutionsbiologie Prof. Dr. Paul Schmid-Hempel, ETH Zürich und Wissenschaftskolleg Berlin, berichtet über neueste Forschungen in der Evolutionsbiologie.
► Feldforschung im Schimpansenwald
Vor 6 Millionen Jahren trennten sich die Entwicklungslinien von Menschen und Schimpansen. Mit Erstaunen hat die Feldforschung jetzt Werkstätten und Werkzeuge von Menschenaffen von vor 4 300 Jahren entdeckt. Kriegsführung einerseits und Kooperation und Solidarität andererseits sind kulturelle Eigenschaften unserer nahen Verwandten. Prof. Dr. Christophe Boesch, Direktor am Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie in Leipzig und gleichzeitig aktiver Feldforscher in Afrika, berichtet.
► Darwins Korallen
Die Metapher des „Rhizom“ bezeichnet ein Wurzelwerk. Der „Baum des Lebens“ enthält ein ganz anderes Bild. Für seine Evolutionstheorie hat Darwin nicht dieses Symbol gewählt, sondern das Bild einer Koralle, die er von seiner Reise mit der BEAGLE mitbrachte, in seine Sammlung einfügte und zeichnete.
In Anknüpfung an Darwin sagt Horst Bredekamp, dass Korallen das Absterben und Einwuchern des Überlebens gleichzeitig zeigen. Das Bild der Koralle entwickelt keine Hierarchie, so als entwickle sich das Leben aus Einzellern bis zur Krone des Lebens: den Menschen. Vielmehr, sagt Bredekamp, lateralisiert Darwin. Ein winziger Virus hat die gleiche Chance und Bedeutung wie ein Riesentier oder der Mensch.