Klaus Schwenk über das ewige Leben der Daphnien
Daphnien sind kleine Krebstiere, populär auch „Wasserflöhe“ genannt. Gegenüber Klimaveränderungen, Naturkatastrophen und Nahrungsmangel haben diese Tiere, beheimatet in ihrem Wasserelement, in ihrer langen Evolution geniale Strategien entwickelt. Dazu gehören Dauer-Eier, die in Notzeiten auf den Grund des Teiches oder des Sees absinken, dort über viele Jahrzehnte – vermutlich sogar Jahrhunderte – in Dauerruhe verharren, also überleben und bei der ersten günstigen Veränderung der Umwelt die Population wieder herstellen. Die winzigen Tiere vermehren sich normalerweise indem sie sich klonen. Werden die Zeiten aber hart, so gehen sie über zur zweigeschlechtlichen Sexualität und gewinnen durch Mischung ihrer Gene zusätzliche Abwehrchancen für ihren Nachwuchs. Was Kampf und List zur Überwindung des Todes betrifft, sind sie uns höheren Säugetieren absolut überlegen.
Der Evolutionsbiologe Prof. Dr. Klaus Schwenk, Universität Koblenz-Landau, berichtet.
Spannend und informativ.
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► Wer sich vermehrt, lebt nicht verkehrt
Die biologische Evolution ist blind. Zugleich zeigt sie aber einen der eindrucksvollsten „Integrativen Lernprozesse“. Derjenige gewinnt, der sich erfolgreicher vermehrt. Der Evolutionsbiologie Prof. Dr. Paul Schmid-Hempel, ETH Zürich und Wissenschaftskolleg Berlin, berichtet über neueste Forschungen in der Evolutionsbiologie.
► Darwins Korallen
Die Metapher des „Rhizom“ bezeichnet ein Wurzelwerk. Der „Baum des Lebens“ enthält ein ganz anderes Bild. Für seine Evolutionstheorie hat Darwin nicht dieses Symbol gewählt, sondern das Bild einer Koralle, die er von seiner Reise mit der BEAGLE mitbrachte, in seine Sammlung einfügte und zeichnete.
In Anknüpfung an Darwin sagt Horst Bredekamp, dass Korallen das Absterben und Einwuchern des Überlebens gleichzeitig zeigen. Das Bild der Koralle entwickelt keine Hierarchie, so als entwickle sich das Leben aus Einzellern bis zur Krone des Lebens: den Menschen. Vielmehr, sagt Bredekamp, lateralisiert Darwin. Ein winziger Virus hat die gleiche Chance und Bedeutung wie ein Riesentier oder der Mensch.
► Tiere ohne Kopf
Seit 600 Millionen Jahren, also lange vor den Dinosauriern, gibt es die Medusen, Korallen und andere Nesseltiere. Offenbar ist der Bauplan dieser Tiere unverändert und bis heute brauchbar und robust. Ihre Selbstorganisation, die Geschwindigkeit ihrer Attacken, ihr Gift, aber auch ihre Schönheit und ihr potenziell ewiges Leben sind ohne Beispiel. Diese Tiere haben keinen Kopf. Sie sind als pure Fressmaschinen gebaut und dennoch komplex: in 12 von 13 Untergruppen sind ihre Gene denen der Säugetiere, also auch unseren, gleich.
Prof. Dr. Thomas W. Holstein erforscht die molekulare Evolution und Genomik dieser Tiere. Er berichtet.