Migranten in Deutschland
Die Gründe und Lebensläufe der Migration sind so vielfältig wie die von ihr bewegten Menschen.
Mit welchen Hoffnungen und Träumen kommen Menschen nach Deutschland? Welche Schwierigkeiten begegnen ihnen? Wie meistern sie diese Schwierigkeiten? Wo erfahren sie Unterstützung? Wo Ablehnung? Ist Deutschland ihre Heimat geworden? Wie definieren sie Heimat? Kann man mehrere Heimaten haben? Wie wichtig ist das „Was bist du“ in ihrem Alltag?
Das Projekt „Heimat hat keinen Plural“ will sowohl die verschiedenen Lebensläufe der MigrantInnen und deren spezifische Ansichten und Erfahrungen porträtieren als auch eine audiovisuelle Quellensammlung schaffen, um auch andere Interpretationen als die der Autoren zu ermöglichen und der weiteren Forschung zur Verfügung zu stellen. Eine dauerhafte Bereitstellung im Internet bietet hierfür die geeignete Plattform. Des Weiteren kann und soll das Projekt als eine Quelle der Inspiration zur Erarbeitung realistischer migrantischer Charaktere im Bereich der Fiktion dienen.
Nezfilms ist ein Gemeinschaftsprojekt von
Ivan Lopez Tomé und Jan Gerritzen von den Kameradisten.
► Heimat hat keinen Plural (14 Filme)
► Daniela
Daniela kam als 15-Jährige mit einem Stipendium des europäischen Zentrums für aromunische Studien zu einem Austauschschuljahr alleine mit dem Bus nach Freiburg.
► Kenan
Als der Vater wegen seiner Zweitfrau Mutter und Sohn verstieß, finanzierte die Familie Kenans Mutter einen Neuanfang in Europa.
Nach dem Tod seines Großvaters bestieg er als 7-Jähriger den Flieger von Uganda nach Berlin, wo die gelernte Kauffrau, nach einer Zwischenstation in England, mittlerweile mit ihrem neuen Mann und baldigem Stiefvater lebte.
► Nilüfer
Nilüfer war dreieinhalb Jahre alt, als der Vater von Siemens als Gastarbeiter angeworben wurde. 6 Jahre später zog sie zu ihren Eltern nach Berlin. Als sie 12 war, verunglückte ihr Vater bei einem Autounfall.
► Fumi
Geboren in Tokio, war der Tochter eines Werbefachmanns und einer frankophilen Mutter schnell klar, dass sie nicht in der von Arbeit und Konformität bestimmten japanischen Umgebung studieren wollte. Über Frankreich und die Schweiz kam sie vor 3 Jahren nach Berlin.
► Freweyni
Unterrichtet seit mehr als 10 Jahren Deutsch als Fremdsprache in der VHS Kreuzberg.
Geboren in Eritrea, aufgewachsen teilweise in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba, müssen die 10-Jährige und ihre Familie in den Wirren des 30-jährigen Unabhängigkeitskrieges zwischen Eritrea und Äthiopien nach Asmara zurückkehren. Vor plötzlichen Überfällen und Bombardements flüchtend, zieht die Familie von Dorf zu Dorf in Richtung Westen.
Vier Jahre lang konnte die älteste von 5 Geschwistern nicht zur Schule gehen und lernte neben den Erfahrungen des Dorflebens mit den Radionachrichten der BBC Englisch. Über den Sudan kam sie als 14-jährige Asylbewerberin in Sandalen mit einem UN-Flugzeug ins Allgäu.
► John
Nach einer erfolgreichen Karriere als New Yorker Restaurantbetreiber und Werber beschloss John, 2004 nach Berlin zu ziehen.
Als 13-Jähriger siedelte er mit seinen Eltern und den 4 Brüdern von Jerusalem in die USA über. Seit 3 Jahren betreibt der studierte Künstler einen Club für elektronische Musik in Berlin.
► Nomi
Da eine Schwangerschaft das Medizinstipendium ihrer Eltern in der DDR bedroht hätte, musste ihre Mutter Nomi nach der Geburt bei ihren Großeltern in der Mongolei zurücklassen.
Nach Abschluss des Studiums kam sie dann als 6-Jährige mit dem Zug aus Ulaan Bator nach Halle an der Saale, wo ihre Eltern bis heute als Anästhesisten arbeiten. Zurzeit bereitet sie sich auf den Abschluss ihres Studiums als Wirtschaftsjuristin vor.
► Claudia
Nach einem nächtlichen Drohanruf floh die Kunststudentin vor den kolumbianischen Paramilitärs zuerst nach Bolivien.
Nachdem Claudia in Rio de Janeiro ihr Studium abgeschlossen hatte, kam sie als 28-Jährige nach Barcelona, um sich an der Kunstakademie einzuschreiben.
Mittlerweile lebt sie seit 16 Jahren mit ihren zwei jugendlichen Söhnen in Berlin. Dort arbeitet sie für verschiedene Bildungseinrichtungen als selbsternannte „Berufsmigrantin“.
► Inaam
Nach mehrfacher Ablehnung des irakischen Schauspielpreises kam die Tochter eines schiitischen Adligen vor 13 Jahren alleine nach Deutschland.
Mittlerweile besitzt sie die deutsche Staatsangehörigkeit.
► Jean-Marc
Kam als 26-Jähriger aus der kamerunischen Wirtschaftsmetropole Douala mit dem Flugzeug nach München.
Auf die Bewerbung um ein Studentenvisum hatten die deutschen Behörden eher geantwortet als die französischen.
► Heinrich
Nach jahrelanger, akribischer Planung gelang dem gelernten Vermessungstechniker bei einem Berlin-Besuch die Flucht in den Westen. Seine Frau, seine 5-jährige Tochter und deren kleinen Bruder ließ er in Polen zurück.
► Hakan
Kam als 8-Jähriger in das Einwandererviertel Berlin-Moabit.
Trotz „Türken Raus“ an der Schultafel, machte er neben seinem Job als Gebäudereiniger das Abitur und studierte gegen den Willen seines Vaters Anglistik und Pädagogik. Mittlerweile leitet er ein Jugendzentrum in Kreuzberg.
► Pascal
Mit 5 Jahren verlor Pascal seine Eltern.
Auf der Flucht vor dem ruandischen Bürgerkrieg musste er ein Jahr später an der Seite seines 70-jährigen Großvaters sein Heimatdorf verlassen. Die 4-jährige Wanderung führte sie tief in den kongolesischen Dschungel, wo er viele Familienmitglieder verlor und sich zeitweise alleine wiederfand.
Mit 10 Jahren schickte sein Großvater ihn zu einer Tante, die in Rostock Zuflucht gefunden hatte. Vor der drohenden Abschiebung rettete ihn die Adoption durch eine jung verwitwete Deutsche, die nie etwas mit Afrika zu tun hatte.
Weiterführende Links
–> Heimat hat keinen Plural (offizielle Seite)
–> nezfilms.com
–> Ohne Rast. Ohne Eile (Neues Projekt der Kameradistinnen)