"Das Ungebaute kritisiert das Gebaute"
Rem Koolhaas, geboren 1944, aufgewachsen in Indonesien, studierte bei dem französischen Philosophen Foucault und schrieb Drehbücher für den U.S.-Regisseur Russ Meyer. Heute gilt er als einer der bedeutendsten Architekten und Städtedesigner der Welt. An der Universität Harvard/USA und in seinem Office of Modern Architecture (OMA) in Rotterdam untersucht er die neuartigen Städteagglomerationen, die schneller wachsen als Architekten Pläne machen können. Im 21. Jahrhundert wird man von der "Stadt ohne Eigenschaften" sprechen, so wie Robert Musil über den "Mann ohne Eigenschaften" schrieb. Für das, was an diesen neuartigen Prozessen unerwartet ist, rät Rem Koolhaas, muss die Moderne sich öffnen. Oft ist es für den Entwurf von Städten wichtiger, was man unterlässt, als das, was man baut. Der Satz: "Das Nichtgebaute kritisiert das Gebaute" weist insofern sowohl auf verpasste Chancen wie auf die Weisheit des Unterlassens. Städtebau wird, sagt Chris Dercon (Haus der Kunst München), zu einer Form der praktischen Philosophie.
Begegnung mit Rem Koolhaas.
"Ich will die physische Umgebung von Menschen verbessern"
Cameron Sinclair ist Mitbegründer und CEO der gemeinnützigen Organisation "Architects for Humanity". Der weltweiten Organisation gehören 40.000 Architekten in 14 Ländern an. Sie befassen sich mit dem Wiederaufbau zerstörter Gebiete und Gemeinwesen nach Katastrophen, z.B. nach dem Erdbeben in Haiti, nach den Zerstörungen des Tsunami in Asien oder dem Sturm Katrina in den USA. Die Architekten in dieser Organisation entwickeln Entwürfe, die mit den vor Ort erreichbaren Mitteln zunächst die gesellschaftlichen Zentren, z.B. die Schulen, wiederherstellen. Es geht darum, nicht nur äußere Bauten zu errichten, sondern, vor allem auch durch Partizipation der betroffenen Menschen, Selbstbewusstsein, Überlebenswillen,und intakte gesellschaftliche Strukturen wiederherzustellen. Dies nennt Sinclair "soziales Kapital". Kapital in Form von Geld allein ist nur ein Teilaspekt.
Mit Kommentaren, Moderationen und Übersetzung von Andrian Kreye, Leiter des Feuilletons der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG.
"Privat in der Öffentlichkeit"
Das IFG veranstaltet in den Räumen der ehemaligen Hochschule für Gestaltung in Ulm einen Kongress. Der Architekt Dipl.-Ing. Feuerstein aus Wien rüstet diesen Kongress mit interessanten Leuten aus. Wie baut man Städte? Was bedeuten die Eingänge der Häuser? Wieviel Rückzugs und Fluchtwege braucht ein Mensch? Wo liegen die Anreise zum Vorstoß zu den anderen?
"Privat in der Öffentlichkeit" das bleibt ein Ideal, das die Kräfte des Intimen mit dem Selbstbewusstsein verknüpft, welches nur in einer intakten Öffentlichkeit entsteht.
Das Magazin ist dem verstorbenen, genialen Lehrer an der Hochschule für Gestaltung, Otl Aicher, gewidmet
"Was wir bauen, wirkt auf uns zurück"
Richard Sennett gehört zu den bekanntesten Soziologen in der Welt. Er lehrt in New York und an der London School of Economics. Zu seinen großen Themen gehören die menschliche Arbeitskraft (sein letztes Buch heißt "Handwerk"), die Städte (er leitet das Projekt "Urban Age"), Öffentlichkeit (eines seiner Standardwerke heißt "The Fall of Public Man") und die Rückwirkung aller Bauten und Werkzeuge auf uns selbst.
Gleich ob eine Menschenhand mit dem Hammer oder mit einem Cello arbeitet, schwer sind nicht die Kraftgriffe, sondern die Feingriffe: ganz leicht zu hämmern, das ist die Kunst. Sinnlichkeit, sagt Richard Sennett, ist in dieser Hinsicht die Basis aller Wissenschaft.
Begegnung mit dem großen Soziologen Richard Sennett in London.