Neu auf dctp: Russisches Duell


Wie Alexander Puschkin jung stirbt

Alexander Puschkin gilt als der bedeutendste Poet Russlands. Das sagen die Demokraten, die Sozialisten, die Kommunisten, die Perestroika, die Mafia. Puschkin ist das einzige, worauf sich alle Russen einigen können: Von der Abstammung ein Äthiopier, in der Form ein Klassiker, in der Substanz ein Radikaler.
Puschkin starb im Zweikampf an einem dunklen Winternachmittag. Es ging um die Ehre seiner Frau. Ein Emporkömmling, geboren im Elsaß, mit dem er ein intimes Verhältnis hatte, Gardeoffizier (die Figur könnte von Puschkin erfunden sein), wollte seinen Ruf durch eine aufsehenerregende Frauenaffäre retten. Er machte der Frau Puschkins, einer der schönsten Personen in St. Petersburg, den Hof und stellte ihr eine Falle. Als die Sache aufflog und Puschkin ihm die Duellforderung zustellte, entschuldigte er sich, heiratete die Schwester der Frau Puschkins, indem er vorgab, alles sei ein Missverständnis, er habe nur diese Schwester (im dritten Monat von einem anderen schwanger) geliebt. Der Frieden hielt wenige Wochen. Danach provozierte der Gardeoffizier Puschkin erneut. Der in Duellkämpfen erfahrene Puschkin wurde in den Bauch geschossen. Noch am Boden, mehr als zwei Minuten zielend, verletzte Puschkin den Gegner gefährlich. Der große Poet selbst war unrettbar verloren. Die Trauerfeierlichkeiten ergriffen Russland ähnlich wie die Trauer um Diana Großbritannien ergriff. Puschkin hat in seinem Epos EUGEN ONEGIN (von Tschaikowsky als Oper komponiert) seine Sterbeszene wie ein Wahrsager beschrieben.
Rosemarie Tietze, Puschkin-Expertin, berichtet, wie Puschkin im Alter von 38 Jahren starb.
► Russisches Duell


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► „Es eilt zu leben und zu fühlen“
Peter Tschaikowsky komponierte die Oper nach dem Poem von Alexander Puschkin. Puschkins poetischer Held Eugen Onegin tötet im Duell seinen besten Freund. Für diesen getöteten jungen Mann schreibt Tschaikowskys in seiner Oper „Eugen Onegin“ die schönste Musik.
Die Komposition ist unmittelbar verknüpft mit der größten persönlichen Krise, die Tschaikowsky erlebte. Zwei Monate war er verheiratet. Es war die schrecklichste Zeit. Zugleich war diese Zeit sein schöpferischer Höhepunkt.


► Gipfelsturm des Ideals
Zu den enthusiastischen Errungenschaften der frühen Sowjetunion zählte das Bergsteigen. Die höchsten Gipfel des Pamir wurden ins Auge gefasst und bestiegen, um auszudrücken: dem Sozialismus ist nichts unmöglich. Außerdem gehören die höchsten Berge zu den Reichtümern Russlands. Sie erhielten Namen wie „Pik Marx“, „Pik Lenin“ und „Pik Stalin“ (später „Pik Kommunismus“). Der Elbrus im Kaukasus, auf dem 1942 deutsche Gebirgsjäger die Reichskriegsflagge hissten, war Gegenstand des Massentourismus. Bei den stalinistischen Liquidationen von 1937 wurden führende Gipfelstürmer hingerichtet. Die Schweizer Historikerin Dr. Eva Maurer über den proletarischen Alpinismus in Russland und die enge Verknüpfung von „Gipfelsturm und Ideal“ (Alexander Puschkin).


► „Hallo, hier ist das Krokodil!“
In der Zeit des Umbruchs nach 1917 in Russland richtete sich die Hoffnung auf die neue Generation der Kinder. Es erwies sich als schwer, die Erwachsenen in ihrer Masse für die neue Zeit zu gewinnen. Sie waren in der alten Zeit groß geworden, im Bürgerkrieg oft entwurzelt, viele waren Analphabeten. So glaubte man, den neuen Menschen von Grund auf bei den Kindern heranbilden zu können. „Von dem, was Künste und Poetik geben können, ist das Beste gut genug für die Kinder!“
Es entstand eine „revolutionäre Schatzkammer von Kinderbüchern“. Künstler und Poeten wie Daniil Charms, Majakowki, El Lisitzky, Tatlin, Marschak und Ossip Mandelstam schufen Kinderbücher oder beteiligten sich daran. Die Tradition russischer Kinderbücher hat Verbindung zu angelsächsischen Quellen wie „Mother Goose annotated“. Eines der beliebtesten Kindergedichte heißt „Telefon“ und stammt von der Leitfigur russischer Kinderliteratur Kornei Tschukowski. Ein Genosse schläft. Neben seinem Bett, sehr modern und elektrifiziert, steht das Telefon. Es ruft an: der Elefant aus Afrika. Gleich der nächste Anruf kommt vom Krokodil: „Ja, das vom Nil“. Das geht über panikanfällige Gazellen, über Affen („Ihr schickt uns Taschentücher, wir wollen Bücher, wir haben nichts zu lesen!“) bis zu einem traurigen Bären („Da telefonierte der Bär. Warum bist du so traurig, mein lieber Bär?
Da sagte er gar nichts mehr / Er war zu bewegt / Und hat aufgelegt“).
Die Slawistin Dr. Marinelli-König, Akademie der Wissenschaften Wien, über Kinderbücher in der russischen Revolutionsära von 1920 bis 1930.


► Naturalisierung des Menschen und Humanisierung der Natur
Humanisierung der Natur und Heimkehr der Träume. Die Theorien von Karl Marx, sagt der Philosoph Peter Sloterdijk, sind auf das Projekt eines Reiches der Freiheit und auf gesellschaftlichen Reichtum gerichtet. Die Menschen müssen sich die eigenen „Wesenskräfte“ aneignen, die sie längst besitzen. Dies bedeutet: „Naturalisierung des Menschen“. Sie ist nur möglich durch „Humanisierung der Natur“. Ein philosophischer Kommentar.
 


► Tote auf Zeitreise
Albert Zink gehört zu den weltweit bekanntesten Mumien-Forschern. Sein Institut ist Spezialinstitut für die Untersuchung des Ötzi. Seine Forschungsaufträge führten ihn nach Ägypten, wo er legendäre Funde an ägyptischen Herrschern aufzuweisen hat.
Mumien entstehen auf natürlichem Weg als Moorleichen oder in großen Höhen der Gebirge, wie den Anden oder den Alpen. Auch im Wüstensand.
Die aktive Mumifizierung ist eine Kunst. Im Falle der Lenin-Mumie setzten sich die Fachleute relativ spät ans Werk. Fast wäre die Leiche nicht mehr mumifizierbar gewesen. Dann aber hielt sie sich, umsorgt von Wissenschaftlern bis heute. Ein stürmisches Schicksal hatte die an Krebs gestorbene Evita Perón. Nach dem Sturz der Peronisten und während der Militärdiktatur wurde ihre Mumie nach Italien verfrachtet. Später wurde sie ihrem Mann Juan Perón in Spanien ins Haus getragen. Die Faszination, die diese Frau auf die argentinische Bevölkerung ausübte, führte sie letztlich nach Hause, wo sie wie Schneewittchen in einem Glass-Sarg als ewig jung zu besichtigen ist.
Die moderne Mumienforschung ist verbunden mit Gen-Analyse, Computer-Tomographie und allen Techniken modernster Wissenschaft. Kaum ein kriminalistisch untersuchtes Mordopfer wird so genau untersucht wie einige der Pharaonen durch das Team von Prof. Dr. Zink. Bei dem Pharao Ramses III stellte er eine verborgene Schnittwunde im Nacken fest. Eine Palastverschwörung hatte ein Attentat auf den Herrscher verübt. An dem Schnitt starb er, war aber noch in der Lage alle seine Gegner von Gerichts wegen umzubringen.