Heute Abend im TV: Pfeile, die ins Auge treffen (04.09.2017, 0:30 Uhr bei 10vor11 auf RTL)

Romeo Castellucci inszeniert Wagners TANNHÄUSER an der Bayerischen Staatsoper München
Wagners frühe Große Oper TANNHÄUSER enthält bereits alle Elemente, die ihn in seinen späteren Werken beschäftigten: seelischen Zwiespalt, ketzerische Abgründe, Buddhismus, Fluch und Erlösung. Trotzdem war Richard Wagner mit seinem Werk, das er mehrfach umarbeitete, nie zufrieden. Unmittelbar vor seinem Tode äußerte er: „Ich schulde der Welt noch einen TANNHÄUSER“. Gerade eine solche Baustelle, ein Rohbau, enthält für uns im 21. Jahrhundert offenes Material, in dem sich spannende Fundstücke finden.
Der Regisseur Romeo Castellucci hat an der Bayerischen Staatsoper dem TANNHÄUSER eine überraschende neue Deutung gegeben. In seiner Inszenierung sind Raum und Zeit ebenso wichtig wie die handelnden Personen. Es geht ihm um die Anfänge der Menschheit. Eine Welt 40.000 Jahre vor Christus, mit der „Venus von Willendorf“, trifft auf eine mittelalterliche Adelsgesellschaft, die ihre Brutalität im Gewande der Kunst vorführt. „Worte sind wie Waffen.“ Die Minnesänger und Ritter sind in dieser Inszenierung zugleich Künstler, Kopfjäger und Bluttäter. Tannhäuser wird mit dem Blut eines erlegten Hirschen für die Aufnahme in die Gruppe getauft. Mit gleicher Gewalt wird er dann beim ersten freien Wort aus dem Kreis der Zivilisierten vertrieben.
„Erst als Sternenstaub finden die Liebenden, Tannhäuser und Elisabeth, zueinander.“ Eine zentrale Rolle spielen in der Oper die Pfeile, von jungfräulichen Amazonen geschossen. Die Pfeile treffen Auge und Ohr zielgenau. Aber – wie in der Paradoxie des antiken Philosophen Xenon – bleiben sie auch zwischen Schützinnen und Ziel in der Luft bewegungslos stehen. „Ein Weg, der seine Richtung ganz verloren hat.“
Anja  Harteros und Klaus Florian Vogt als Elisabeth und Tannhäuser in stimmlicher Hochform. Eine Glanzleistung der Ära Bachler.
 
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