Neu im Catch-up Service: Die Körper lügen nie


Jean Philip Rameaus generöse Erotik in Ost und West
Wie im Gewittersturm die Tänzer, wie Frachtstücke und Trümmer, über die Bühne dahin wehen, ist eine Sensation! Es geht um Liebesverhältnisse von Europäern bei den Indianern (von Paris im 18. Jh. gesehen den „westlichen Indern“), um Liebesabenteuer auf einer Insel im Indischen Ozean, um einen generösen Türken und um Liebe bei den Azteken in Peru. Die Körper, nicht nur die Stimmen, gelangen zur vollen Entfaltung. Im Zeitalter der Bombardierung von Aleppo und des Regierungsantritts von Donald Trump ist hier eine Utopie der Liebe und der Großzügigkeit zu besichtigen. Krieg, Hass und Intrigen helfen überhaupt nichts gegen die Naturgewalt der positiven Gefühle.
Regie und Choreographie: Sidi Larbi Cherkaoui, ein marokkanischstämmiger Belgier. Die sensationellen Bühnenbilder und Kostüme: Anna Viebrock, die den Titel „Bühnenbildnerin des Jahres 2016“ erhielt.
► Die Körper lügen nie (10 vor 11, Sendung vom 01.02.2017)


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► Lernen & Liebe in einem Meer von Krieg

Im November 1725 sandten französische Siedler aus Illinois den Häuptling Arapita Chicago (nach ihm wurde später die Stadt in den USA benannt) und fünf andere „Indianer“ nach Paris. Dort trafen sie den König Louis Quinze. Am Abend tanzten sie im Théatre-Italien. Das inspirierte Jean-Philippe Rameau zu seiner Tanzoper „Les Indes Galantes“. Rameau komponiert verblüffend radikal und modern.
Der Chef des Koninklijk Ballet van Vlaanderen aus Belgien hat Rameaus Ballettoper mit größtmöglichem Schwung auf der Bühne des Prinzregententheaters für die Bayerische Staatsoper in einen musikalischen Höhepunkt verwandelt. Auch die Opernsänger müssen tanzen.
Die Bühnenbildnerin Anna Viebrock hat die großen Tableaus nach den Phänomen LERNEN, LIEBE, KRIEG angeordnet. Lernende Kinder sind dabei das Berührendste.
Überall rüttelt der Krieg, dargestellt durch seine Göttin Bellone am Glück und am Lerneifer. Krieg lernt und lehrt überhaupt nichts. Wie man den richtigen Liebsten finden, das lernt man – komponiert von Rameau für das aufklärerische 18. Jahrhundert – in Dreiecks- und Vierecksverhältnissen.
1. Akt: der großzügige Türke. Osman Pascha, ehemals Sklave und jetzt Sultan, liebt die junge Emilie. Da diese aber den jungen Valère vergöttert, lässt der Türke die Liebesleute davonziehen. (Genau dieses Modell Rameaus hat später Mozart in der „Entführung aus dem Serail“ abgekupfert.)
2. Akt: bei den Inkas in Peru. Mit Erdbeben, Krieg, Mord und glücklichem Ausgang in einem Liebesdreieck. Der Zauberer und Tyrann Huasca (Bass) stirbt am eigenen Fluch.
3. Akt: in den Gärten Persiens. Hier geht es um ein Vierecksverhältnis. Wieder werden Sklaven zu Prinzen und Prinzen zu Liebessklaven.
4. Akt: bei den Indianern in Amerika. Der schöne Sopran zieht einen „Wilden“ zwei Europäern vor, weil der eine ihr zu skrupellos und der andere ihr zu moralisch ist.
Das Finale mit der stampfenden, berühmten Chaconne aus dieser Aufführung wird man nicht vergessen.
Es geht um den Export der Phantasie in alle Länder der Erde. Dass überall ein Meer von Krieg herrscht, bringt Rameau nicht davon ab, dass Jugend, die Liebe und vor allem lerneifrige Kinder siegreich bleiben.
Der belgische Regisseur und Choreograph Sidi Larbi Cherkaoui stammt aus einer Einwandererfamilie aus Marokko. Er spricht flämisch und französisch. In seiner Herkunft und Tanzpraxis verkörpert er die Kommunikation zwischen extrem verschiedenen Kulturen, mit der auch Rameaus Meisterwerk spielt.


► Verrückte Liebe im verrückten Krieg

Eine junge Chinesin, gleich unerfahren in der Politik und in der Liebe, wird im chinesischen Bürgerkrieg von 1940 als Geliebte auf einen Polizeichef angesetzt, der mit der japanischen Besatzungsmacht kollaboriert. Der Polizeichef soll in eine Todesfalle gelockt werden. Die beiden Menschen, der Polizeichef und die junge Chinesin, verirren sich in ihrer Leidenschaft. Der Bürgerkrieg zermalmt die Liebenden.
Der Film „Gefahr und Begierde“ von Ang Lee gewann den Goldenen Löwen von Venedig. Begegnung mit dem Meisterregisseur Ang Lee.