Neu im Catch-up Service: Vom Euphrat kommt, was wir sind


Archäologin Prof. Dr.  Adelheid Otto über 12.000 Jahre Syrien und Zweistromland
Flüchtlinge aus Syrien tragen in ihrem Innern die lange Geschichte ihres Landes mit sich: Nord-Syrien gehört zu den ältesten Zivilisationen der Menschheit. An den Ufern des Euphrat entstanden in Teilen des heutigen Irak und in Nord-Syrien die ersten Siedlungen, Städte, Plantagen und Gemeinwesen. Parallel und in Einzelfällen vor den Zivilisationen am Nil, am Indus und am Gelben Fluß. Nach Angaben des Alten Testaments und der Auslegung durch rabbinische Gelehrte lag das Paradies zwischen Euphrat und Tigris und zwei weiteren Flüssen, die in der Bibel genannt sind und die wir heute nicht mehr identifizieren können.
Prof. Dr. Adelheid Otto, Vorsitzende der Deutschen Vorderasiatischen Gesellschaft, ist aktiv als Archäologin tätig. Für viele Jahre leitete sie eine Rettungsgrabung in dem Gebiet in der Nähe von Raqqah, das heute das Zentrum des IS darstellt. Der Posten, der die Grabungsstätte mit einer Schrotflinte bewachte, wurde von den radikalen Islamisten umgebracht. Sie vernichteten auch eine große Zahl der archäologischen Funde.
Oasenartige Üppigkeit und wüste Steppe liegen entlang des Euphrat eng beieinander.  Wie das Land aussieht, das jetzt im Bürgerkrieg umkämpft ist und aus dem die Flüchtlinge kommen, wissen in der Bundesrepublik wenige. Die Bevölkerung des Landes ist äußerst differenziert zusammengesetzt. Was sind Drusen? Was sind Alewiten? Gibt es dort noch Abkömmlinge der Phönizier, der Aramäer, der Assyrer bis heute? Wie viel Unterschiede gibt es unter den Sunniten und Schiiten?
Das Gebiet, in dem die Ausgrabungen von Adelheid Otto stattfanden – gegenwärtig gräbt sie nicht in Syrien sondern im Tall Bazi in der Nähe von Mosul – war in der Geschichte nie für längere Zeit friedlich. Von der Okkupation durch die kriegerischen Assyrer lange vor Christi Geburt über  das römische und byzantinische Regime, über den Mongoleneinfall bis zur arabischen Eroberung, in der französischen Besatzungszeit bis zur heutigen Krise war dieses an sich „gesegnete Land“ brutalen Kriegen ausgesetzt.
Die archäologischen Grabungen (und die konkrete Kenntnis des Landes) zeigen eine Welt, die bis in die Zeit von vor 12.000 Jahren zurückreicht und Zivilisationen hervorbrachte, von denen unsere europäische  Zivilisation in vielen Punkten unmittelbar abstammt.
Begegnung mit Prof. Dr. Adelheid Otto, Leiterin des Archäologischen Instituts an der LMU.
► Vom Euphrat kommt, was wir sind (News & Stories, Sendung vom 20.12.2016)


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► MSC: Wieviel Krisen verträgt die Welt?
mskAuf der Münchner Sicherheitskonferenz versammeln sich in jedem Jahr die für die Sicherheit in der Welt verantwortlichen Politiker, Militärs und Experten (neuerdings auch zunehmend führende Wirtschaftler) im Bayrischen Hof. Die Konferenz bildet eine einmalige politische Öffentlichkeit, in der Teilnehmer, die sonst oft Gegner sind, miteinander debattieren. Die vertraulichen Gespräche am Rande der Konferenz sind oft ebenso wichtig wie die öffentlich geführten Diskussionen.
Die Konferenz wird heute vom früheren Botschafter Wolfgang Ischinger geleitet. Sie wurde unter dem Namen „Wehrkundetagung“ in den Jahren nach 1963 durch Ewald-Heinrich von Kleist begründet, der zum engsten Kreis des Widerstands gegen Hitler zählte. Das Jahr der ersten Tagung war das von Kennedys Tod und bezeichnet die Zeit des Kalten Kriegs. Als die Konferenz zum 25. Mal stattfand, war das unmittelbar vor der Wende. Im Jahr 2014 fand die Konferenz zum 50. Mal statt. Die Themen Syrien, der europäische Einsatz in Afrika, der Aufstieg Chinas und die Ukraine standen im Vordergrund. Es war die vorläufig letzte offene Debatte vor dem allseitigen Zerwürfnis mit Russland.
Aus Anlass des Jubiläums der Konferenz zeigt die vorliegende Doppelsendung Momenteindrücke aus den Jahren 2000 bis 2014. Unter Mitwirkung von Wolfgang Ohlert, Dr. Anton Hofreiter, dem österreichischen Außenminister Sebastian Kurz, Henry Kissinger, Jamie Shea, Dimitri Rogosin, Admiral Edmund P. Giambastiani, Christophe Keckeis, Thomas Schmid, dem Konferenzarzt Dr. med. Günter Hauf, Botschafter Julij A. Kwizinskij., Richard Perle („Prince of Darkness“), U.S.-Senator Sam Nunn (aus der Gruppe der „Apokalyptischen Reiter“), Botschafter Richard Burt, Botschafter Richard Holbrook und einem Beitrag von Helge Schneider zum Thema: „Das Bohren harter Bretter“.


► Raubstaat Assur
Zwischen 1414 und 609 vor Christus herrschte das Regime von Assur vom Euphrat bis zum Nil und lebte von seiner Beute. Das waren schöne und kluge Leute, aber besessen von Gier: „gelehrte Räuber“. Auf dem Höhepunkt ihrer Macht (sie waren gerade dabei, das 100-jährige Theben weit im Süden Ägyptens zu erobern), brach binnen drei Jahren das Großreich zusammen. Raubstaaten haben kein ewiges Leben.
Die Alt-Orientalistin Prof. Dr. Eva Cancik-Kirschbaum, Freie Universität Berlin, ist Spezialistin für das Reich von Assur.


► Grabung nach den Anfängen der Zivilisation
Seit 1912 graben Archäologen in der Stadt Uruk, die der Zivilisation von Babylon noch vorausgeht. Jedoch ist Uruk so groß, dass bisher nur fünf Prozent der Stadt erforscht sind. Sicher ist bisher, dass hier die Schrift erfunden wurde, vielleicht auch das Rad und das Bier.
Um einen gesamten Überblick über die Stadt zu erhalten, bräuchten die Forscher 500 Jahre. Doch der Irakkrieg gefährdet die Fundstücke.


► Die sagenhaften Hethiter
Mitten in Anatolien, in einer rauen Gebirgslandschaft, in der man so etwas nicht vermutet, befand sich in der Zeit, in der in Ägypten der Pharao Ramses II herrschte, die Hauptstadt des Großreichs der Hethiter. Die Türme und Tempel dieser bronzezeitlichen Metropole müssen auf die Menschen einen ungeheuren Eindruck gemacht haben.
Der Privatdozent für Vorderasiatische Archäologie an der Universität München und prominente Ausgrabungsleiter vor Ort Dr. Andreas Schachner berichtet über seine Ausgrabungsarbeit in der Stadt der 1000 Götter. Einen Höhepunkt erlebte das sagenhafte Großreich der Hethiter in der Schlacht bei Kadesh. Sie fand zwischen den Streitkräften der Hethiter und der mächtigen Armee des Pharao Ramses II statt. Sie ging unentschieden aus und führte zu einem Friedensvertrag, der bis zum Ende des Hethiter-Reichs Geltung hatte. Das Dokument wird heute bei den Vereinten Nationen in New York verwahrt. Es ist immer noch ein Rätsel, was die Gründe dafür waren, dass dieses imposante Imperium vor 3000 Jahren in ganz kurzer Zeit zusammenbrach.