Zur Person: Günter Grass


Der Schriftsteller und Denker Günter Grass starb am 13. April im Alter von 87 Jahren.
Für die News & Stories traf Günter Gaus seinen Namensvetter im Jahr 1997. Das dabei entstandene Gespräch zeigen wir in Gedenken an Günter Grass exklusiv zum ersten Mal auf dctp.tv

Interviewpartner ist Günter Grass, JG 1927, Schriftsteller, Grafiker, Bildhauer. ER gilt als einer der bedeutendsten deutschen Dichter der Gegenwart. Aus seiner DANZIGER TRILOGIE wurde besonders DIE BLECHTROMMEL berühmt (1959), nicht zuletzt wegen der mit einem Oscar ausgezeichneten Verfilmung von Volker Schlöndorff.
Grass‘ literarisches Werk hat im In- und Ausland viele Verehrer, ist vor allem auch deshalb nicht unumstritten, weil sich der Dichter auch mit Vehemenz in aktuelle Diskussionen einmischt (zuletzt: „Ein weites Feld“, 1995). Aufsehen erregte Grass‘ scharfe Kritik an der bundesdeutschen Asylpolitik, die er in seiner Laudatio auf Yasar Kemal zum Ausdruck brachte anläßlich der Verleihung des Friedenspreises des deutschen Buchhandels an den türkischen Autor.

► Günter Gaus : Zur Person / Günter Grass (News & Stories vom 22.12.1997)


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► Ich bin der Mann des grotesken Realismus
kenzaburo1Als er 1994 aus Stockholm den Anruf erhielt, ob er den Nobelpreis annehme, war sein hirngeschädigter Sohn am Telefon und antwortete: Nein, danke.
In dem Buch, an dem er gerade schreibt, geht es um einen Sektenführer in Japan (ein Sektenführer war für die U-Bahn-Giftattentate verantwortlich). Er erkannte sich in einem anderen Menschen wieder und es ist nicht sicher, ob die verschiedenen Individualisten, sagt Kenzaburo Ōe, nicht durch unterirdische Flüsse miteinander verbunden sind. Verknüpft ist auch die Realität mit dem Antirealismus des Gefühls. Ich könnte, sagt Ōe, vor Verzweiflung oder vor Lachen sterben.
In seiner Erzählung DER STOLZ DER TOTEN (man kann auch übersetzen: „Schamlosigkeit, Üppigkeit, Luxus, Macht der Toten“, die japanischen Schriftzeichen sind vieldeutig) geht es um einen Studenten und eine Studentin, die in der Anatomie Leichen in verschiedene Becken sortieren. Der „groteske Realismus“, für den Ôe ausdrücklich den Nobelpreis erhielt, kommt zustande, weil Ôe die Risse im Gebälk der Wirklichkeit niemals zukittet. Mao Zedong und Sartre hat Ôe persönlich gekannt. Ein Gespräch von ungewöhnlichem Unterhaltungswert.


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ballhausFür ein Drittel des Zeitraums, der die Filmgeschichte umfasst (es gibt Kino seit 1895), hat Michael Ballhaus für den Film gearbeitet. Vor seiner Kamera standen Stars wie Leonardo DiCaprio, Robert De Niro und Jack Nicholson; er drehte mit Regisseuren wie R.W. Fassbinder, John Redford, Frank Coppola und Martin Scorsese. Er ist der berühmteste Kameramann Deutschlands. Nach einem besonders harten Drehtag berichtet er von seinen Erfahrungen. Was ändert sich für den Film in der digitalen Welt? Welche Besonderheiten des klassischen Films behalten ihr Potenzial in dieser neuen Umgebung?
 


► Man kann nicht lernen, nicht zu lernen
negt-lernenIn der Adventszeit 1784 veröffentlichte Immanuel Kant den Aufsatz: „Was ist Aufklärung?“. Dieser Aufsatz enthält die klassische Definition des vernünftigen Emanzipationsprozesses, der ein ganzes Zeitalter bewegte. Jede Gesetzgebung, die den Prozess der Aufklärung der Menschen endgültig aufzuhalten versucht, ist null und nichtig, sagt Kant.
Er ist auch auf etwas Unmögliches gerichtet, weil sich Menschen in ihrer Emanzipation nicht aufhalten lassen. Was heißt Aufklärung? Was sind die Grundlagen dieses Prozesses, der so lange ein Projekt blieb und doch unaufhaltsam zu sein scheint?
Oskar Negt, Soziologe und Philosoph, berichtet.
 


► Alle Gefühle glauben an einen glücklichen Ausgang

Filmdokumentation von Angelika Wittlich über Alexander Kluge