Neu im Catch-up Service: Der Dreißigjährige Krieg


Herfried Münkler: „Unordentlicher Krieg“ und „Zerbeulte Dialektik“
Sofort nach Erscheinen erreichte das neueste Werk Herrfried Münklers DER DREISSIGJÄHRIGE KRIEG. EUROPÄISCHE KATASTROPHE, DEUTSCHES TRAUMA 1618-1648 eine beachtliche Stellung in den Bestsellerlisten. Der Grund dafür liegt darin, dass es diesem Historiker gelungen ist, das „Chamäleon Krieg“ in allen seinen Erscheinungsformen, den historischen und den aktuellen unserer Zeit, uns vor Augen zu führen. Die Erfahrung des „Krieges, der nicht enden will“, ähnlich wie im Dreißigjährigen Krieg liegt heute in Syrien, in Libyen, in den gefährlichen Drohgebärden des Fernen Ostens und vor allem in den Erscheinungsformen des Terrorismus.
Eine der wichtigsten Beobachtungen in Münklers Werk besagt, dass man Kriege nicht verhindern oder beenden kann, wenn man ihre Elemente nicht versteht. Es genügt nicht, sich „antimilitärisch“ zu fühlen, sondern es geht darum, Terror, Krieg und die Welt „unbestimmter Widersprüche“ aus ihren Einzelheiten sich zu vergegenwärtigen und die Gegengifte zu diesem Gift mit der Genauigkeit eines politischen Paracelsus zu erarbeiten.
Begegnung mit dem Historiker Herfried Münkler, Humboldt-Universität zu Berlin.
► Der Dreißigjährige Krieg (10 vor 11, Sendung vom 22.01.2018)


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► Ein Messer im Herz des Friedens
Man spricht vom 30-jährigen Krieg. Tatsächlich handelt es sich um mehrere Kriegsszenarien, die aufeinander folgten. Das einzige, was fast 30 Jahre nicht gelang, war, dass man die Kette der Konflikte beendete. Der Brandstifter waren zu viele. Die Jahres dieses mörderischen Krieges sind durch höchst unterschiedliche Protagonisten gekennzeichnet: Was für ein Charakter war Generalissimus Graf Tilly, der Magdeburg verbrannte? Wie lässt sich der „Kriegsunternehmer“ Wallenstein beschreiben, der vom Krieg lebte und an ihm starb? Was für ein Bild gibt der Schwedenkönig Gustav Adolf, der im Nebel einer Schlacht kläglich umkam, von Räubern nackt ausgezogen und seines Glanzes beraubt?
Der Historiker Ralf-Peter Fuchs über den 30-jährigen Krieg, dessen verwirrende Fronten (wenn auch nicht im Ausmaß) an die Konflikte in der heutigen Ukraine erinnern.


► Das Ballett der Kriegsgründe
Japan überfiel Pearl Harbour (und zuvor die Russen in Port Arthur) ohne Kriegserklärung. Auch Präsident George W. Bush erklärte Saddam Hussein vor der Bombardierung Bagdads nicht den Krieg. Das war in den Standesgesellschaften und Monarchien des Mittelalters und der Neuzeit anders. Es gehörte zum Standing und zur Ehre eine Fürsten, „den Krieg zu erklären“ und ihn durch „Manifeste der Gewalt“ höflich zu begründen.
Die Historikerin Anuschka Tischer, Universität Würzburg, hat die Formenwelt der Kriegserklärungen und Kriegsbegründungen in der Zeit von 1500 bis 1850 untersucht. Nichts ist so aufschlussreich wie die Reden und Schriften vor Ausbruch und während der Ausübung von Gewalt.


► Krieg geht nicht vom Volke aus
Egon Bahr, ehemaliger Kanzleramtschef und heute international bekannter Sicherheitsexperte, über die Frage: Wem sprechen wir das Recht zu, über Krieg und Frieden zu entscheiden?
Als die Enzyklopädie in Frankreich erschien (1757) , galt noch der Kabinettskrieg. Fürsten entschieden über den Krieg. Dann kam eine Periode des Volkskrieges; eine brutale Form des Kriegs, der sich jedoch oft auf den Volkswillen stützte. Im Kalten Krieg kehrte die Entscheidungsmacht zurück zu einer kleinen Elite von Experten. Zu schrecklich wären die Folgen eines Irrtums gewesen. Auf Emotion oder Demokratie kam es im Gleichgewicht der Abschreckungskräfte nicht an.
Was gilt heute? An der Schwelle zum 21. Jahrhundert? Lassen sich Krieg, demokratische Mitbestimmung und Menschenrecht voneinander trennen?


► Europa, das unbeschriebene Blatt
Was heißt: ich bin ein Europäer? Die Schweiz ist nicht Mitglied der EU, aber europäisch. Zypern ist Mitglied der EU, aber gehört zum Nahen Osten. Was ist ein europäischer Patriotismus?
Prof. Dr. Joseph Vogl, Literaturwissenschaftler an der Humboldt-Universität zu Berlin, geht aus von der Frage: was heißt SOUVERÄN? Der Begriff, der die Entwicklung der Territorialstaaten seit dem Westfälischen Frieden von 1648 begleitete, bedeutet: Menschen können über ihr Schicksal selber entscheiden. Diese politische Atemluft muss an der Basis und an der Spitze eines Gemeinwesens reichhaltig vorhanden sein.
Das jüngste Buch von Joseph Vogl über das „Gespenst des Kapitals“ wurde zum aktuellen Thema. Die Frage, wie verhalten sich europäische Problemketten, wie verhält sich der Markt zur demokratischen Souveränität des jeweiligen Landes, stellt die Analyse Joseph Vogls in ein wirkungsvolles Licht.