Neu im Catch-up Service: Kriegsspiele


Philipp von Hilger: die Theater des Unberechenbaren
Mit der Möglichkeit und der Durchführung von Kriegen befassen sich viele Planer. Die erfahrensten unter ihnen machen das indem sie sogenannte „Kriegsspiele“ – heute elektronische Simulationen des gedachten Kriegs – veranstalten. Meist raten diese Spiele davon ab, den Krieg anzufangen. So können sie Blut sparen.
Kriege sind in allen ihren Elementen unberechenbar. Die Kriegsspiele sind das „Theater“, in dem dieses Unberechenbare probeweise aufgeführt wird. Im Englischen heißt der Kriegsschauplatz deshalb „war theatre“.
Der Spieletheoretiker und Mathematiker Philipp von Hilgers berichtet.
► Kriegsspiele (10 vor 11, Sendung vom 28.08.2017)


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► Was nennt man „Nebel des Kriegs“?
Seit dem Ende des Kalten Kriegs, für den das Bündnis begründet wurde, unterliegt die NATO einem stürmischen Wandlungsprozess, der sogenannten TRANSFORMATION. In der asymmetrischen, globalisierten, von Terror bedrohten und informationszentrierten Welt verändert sich das BILD DES KRIEGES ständig. In diesem „modernen Krieg“ stecken aber alle älteren Formen dieses Monstrums, das wir Krieg nennen.
Gleich geblieben ist die Unberechenbarkeit von Kriegen („fog of war“). Der Oberste Militär der NATO, Vier-Sterne-General Harald Kujat, berichtet aus seiner Praxis.


► Charakterpanzer und Bewegungskrieg
Der Aufstieg und der Geist der Panzerwaffe im Ersten und Zweiten Weltkrieg: „Industrie auf Rädern“. Panzerung im Inneren der Menschen. Bewegungskrieg. „Die Raubsaurier des Eisenzeitalters“.
Musik: Abhorrence mit „Disintegration of Flesh“, „Pestilential Mists“. Acrostichon mit „Dehumanized“ und Toxemia mit „Who dies“ und „Debts of Gods“.

Musikmagazin mit kurzen Kommentaren von Heiner Müller.


► Triumph der Todgeweihten
Im Jahr 1866 brach ein Krieg aus zwischen Preußen, dem k.u.k.-Kaiserreich und Italien. Der Sieg Preußens führte später zu einer dauerhaften Störung des europäischen Gleichgewichts. Dieser Krieg wurde zu Lande von den Preußen und zur See von Österreich gewonnen. Die österreichische Flotte, bestehend aus relativ älteren Schiffen, schlug durch todesmutigen Angriff die moderne italienische Flotte in der Adria vernichtend. Die Hauptszene in der Schlacht von Lissa nennt man den „Angriff der Todgeweihten“. Das Flaggschiff des österreichischen Admirals Tegethoff rammte das besser bewaffnete italienische Flaggschiff.
Paradoxe Seeschlachten sind die deutsch-englische Konfrontation am Skagerak, der Untergang der russischen Flotte in der Meerenge zwischen Japan und Korea (bei Tsushima), die den Mythos der japanischen Schlachtflotte begründete, die dann später in der paradoxen Zeit von 5 Minuten im Jahr 1942 von der U.S.-Navy bei Midway aufs Haupt geschlagen wurde. Seekrieg paradox heißt, dass fast immer der Ausgang der Kämpfe entgegengesetzt liegt zu den Plänen und Erwartungen, die zuvor bestanden.
Der Historiker Prof. Dr. Arne Karsten, Bergische Universität Wuppertal, berichtet.


► Krieg ist das Ende aller Pläne
Graf Alfred von Schlieffen, Chef des Deutschen Generalstabs, entwickelte in den Jahren bis 1905 einen vielversprechenden Plan, der dem Deutschen Reich im Fall eines Mehrfrontenkriegs (wie er 1914 ausbrach) zu einem Blitzsieg verhelfen sollte. Junge Generalstabmajore, die später in entscheidenden Positionen befehligten, versuchten vergeblich in Planspielen das Konzept ihres 70-jährigen Chefs zu bekämpfen. Stets blieb es beim deutschen Blitzsieg in Frankreich. Im Sommer 1914 verlief dann aber alles völlig anders. Dr. Gerhard Groß, Oberstleutnant und Historiker, berichtet.


► Nur Arbeit ohne Spiel macht dumm
Die Freiheit ist nicht nur ein Wunsch, sondern sie ist uns Menschen bis in die Ausgestaltung unseres zentralen Nervensystems hinein von der Evolution mitgegeben. Ein Ausdruck dieser Freiheit ist die Lust am Spielen. „Nur Arbeit ohne Spiel macht dumm“. Die Beobachtung zeigt, dass Arbeit und Selbstbeherrschung immer schon das Spiel voraussetzen. Sonst gelingen sie nicht.

Prof. Dr. Buland vom Institut für Spielforschung an der Universität Mozarteum in Salzburg berichtet.