Heute Abend im TV: Tod der fremden Frau (08.08.2016, 0:30 Uhr bei 10vor11 auf RTL)

Kreuzwege zweier Opern aus dem Jahrgang 1865
Im Jahre 1865 hatte Wagners TRISTAN UND ISOLDE Uraufführung in München. Im gleichen Jahr hatte Giacomo Meyerbeers Oper L’AFRICAINE in Paris Premiere. (Posthum, die Oper war grandioser Publikumserfolg, verschwand im 20. Jahrhundert dann von den Bühnen, heute umbenannt in VASCO DA GAMA.) In beiden Opern geht es um einen Liebestod. Dem Tod der Exotin Isolde, einer Irin, entspricht bei Meyerbeer der fast 20-minütige Schlussgesang der „Afrikanerin“ (sie ist eine Sklavin und erweist sich als Königin der Brahmanen). Von ihrem Geliebten verlassen, der nach Westen segelt, setzt sie sich unter den „Manzanillabaum, dessen Duft sanft tötet“.
Meyerbeer ist Erfinder und quasi Ingenieur neuartiger Orchesterwirkungen und Architekt riesiger Bühnenereignisse. Richard Wagner hat aus der Orchesterbehandlung Meyerbeers in starkem Maße „übernommen“. Wagner hämischer, hasserfüllter Artikel „Über das Judentum in der Musik“, der sich gegen Meyerbeer richtet, verdeckt die Tatsache, dass beide Rivalen unterirdisch (und vielleicht ohne es zu wollen) kooperierten.
Eine Gegenüberstellung von Szenen der Isolde und der Selica auf engem Raum.
 
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► Blüh‘ im Glanze dieses Glücks
bluehDas Bühnenbild zeigt ein modernes Nürnberg mit Hochhäusern und Leuchtreklamen. In der Handlung geht es um einen Kunstwettbewerb. Dem Sieger wird am Ende Eva, die Tochter eines der Nürnberger Oligarchen, zufallen. Diese moderne Eva steht als Mittelpunkt in einem Drama zwischen dem erfahrenen älteren Mann Hans Sachs und dem jungen Innovator Walter von Stolzing. Man sieht schwarzrotgoldene Farben. Die Personen ringen um ihr Liebesleben, aber sie begründen auch ein Gemeinwesen, das sie lieben können. Richard Wagner hatte durchaus die Absicht, mit seinem Werk DIE MEISTERSINGER VON NÜRNBERG eine Nationaloper zu schreiben. Gerade weil diese Oper während der Nürnberger Parteitage missbraucht wurde, ist es konsequent , sie heute zum Tag der Deutschen Einheit im Geiste der Revolutionäre von 1848 und vor allem im heute nach Europa orientierten Geiste der Berliner Republik neu zu sortieren. Das ist der Regisseurin Andrea Moses und dem Dirigenten Daniel Barenboim auf erstaunliche Weise an der Staatsoper im Schillertheater in Berlin gelungen. Eine Meisterleistung der Intendanz von Jürgen Flimm. Gerade auf dem Hintergrund des politischen Integrationsversuchs treten die persönlichen Charaktere von Hans Sachs (er verabschiedet sich von männlicher Größe und Eigensucht), von der selbstbewussten Eva und dem für närrische Aktionen offenen Stolzing in scharfer Kontur hervor. Wagners Häme gegen den Kritiker Beckmesser tritt in den Hintergrund.