Neu im Catch-up Service: Krieg auf dem Dach der Welt


Abenteurer, Offiziere und Gelehrte wollen Mittelasien für Deutschland erobern
Im 1. Weltkrieg versuchten Deutschland und die K.u.K.-Monarchie ihren Einfluss bis Persien, Afghanistan und Indien auszudehnen. Im Jahr 1917 wollten sie gerade dort eine Kriegsentscheidung erreichen. Der Süden Russlands und das „Dach der Welt“, also die Gebirge und Hochflächen Asiens, die von Turk-Völkern und anderen nicht-russischen Stämmen besiedelt waren, wurden zur Zone der Auseinandersetzung zwischen den Mittelmächten und Russland. Es waren Abenteurer, Offiziere, aber auch Geschäftsleute und Gelehrte, die sich an diesem Vorhaben „Wild-Ost“ beteiligten. Deutsche Banken und Unternehmen gründeten bereits Filialen und planten Eisenbahnlinien in jenem weit entfernten Gelände, das die Phantasie der Generalstäbler faszinierte.
Der Historiker Dr. Rudolf A. Mark, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg, über das Projekt „Wild-Ost“ in den Jahren um 1917.
► Krieg auf dem Dach der Welt (10 vor 11, Sendung vom 08.02.2016)


Literaturempfehlung

Mark
Rudolf A. Mark: Krieg an fernen Fronten. Die Deutschen in Zentralasien und am Hindukusch 1914-1924
Nicht erst mit der Bundeswehr wurde der Hindukusch deutsches Einsatzgebiet! Rudolf A. Mark schildert in seinem neuen Buch kaum bekannte deutsche Aktivitäten in Zentralasien während der ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts. Die muslimischen Völker der Region sollten während des Ersten Weltkriegs auf oft abenteuerlich erscheinende Weise zum Dschihad gegen Russland und Großbritannien aufgestachelt werden. Eine deutsche Geheimmission ins unter britischem Einfluss stehende Afghanistan war Teil dieser Bestrebungen. Auch Zehntausenden in Russisch-Turkestan inhaftierter österreichisch ungarischer und deutscher Kriegsgefangener war eine Rolle in den Aufstandsplanungen zugedacht. Nach der Oktoberrevolution versuchten deutsche Politiker und Militärs, die nach Autonomie und Unabhängigkeit strebenden Muslime zwischen Wolga und Hindukusch zur machtpolitischen Eindämmung Russlands und zum weltwirtschaftlichen Wiederaufstieg Deutschlands nach dem Kriegsende zu instrumentalisieren. Aus wenig bekannten Quellen und erstmals erschlossenem Archivmaterial vielfältiger Provenienz rekonstruiert der Autor die damaligen Pläne und Ereignisse. Ein vergessenes Kapitel deutscher Macht- und Großmachtpolitik!
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