Heute Abend im TV: Geld und Charakter (22.09.2014, 0:25 Uhr, bei 10vor11 auf RTL)

Dr. Joseph Vogl, Verfasser von DAS GESPENST DES KAPITALS, berichtet
Die Beziehung zwischen Reichtum und Geld auf der einen Seite und dem menschlichen Charakter auf der anderen Seite wird in den verschiedenen Jahrhunderten sehr unterschiedlich betrachtet. Im Mittelalter und der Neuzeit gibt es das Bild der soliden Bankiers (wie die Fugger), aber auch das des Geizhalses und des Wucherers. Die Melancholiker, in ihrer Abstinenz gegenüber dem Genuss, erscheinen als Gegenteil des Prassers und daher zu Geld und Verfügungsmacht über Reichtum zu passen. Die in der Literatur, den Lebensläufen und der öffentlichen Meinung um 1900 beobachteten Charaktereigenschaften sind davon verschieden. Der Soziologe Max Weber und der Philosoph Georg Simmel, der eine Theorie des Geldes schrieb, portraitieren neuartige Charaktere, die in Staat und Wirtschaft vorherrschen. Am Sockel reicher Familien gibt es aber auch die Dandys und die Spieler. Es entsteht der Typ, der das Spekulationsgeschäft beherrscht. Auf der anderen Seite sind die Gründer von Industrien und die Eisenbahnkönige durch das Objekt, mit dem sie umgehen, auf Charakterzüge der Kontinuität angewiesen.
Was sind Kennzeichen heutiger Charaktere, die mit Geld und wirtschaftlicher Verfügungsmacht umgehen? Sie sind, sagt der Literaturwissenschaftler Joseph Vogl von der Humboldt-Universität zu Berlin, durch die Veränderungen der Raumwelten und vor allem der Zeitwelten auf unserem Planeten im 21. Jahrhundert geprägt. Auf die Fähigkeit, mit diesen kollektiven „Zeitschwingungen“ (als Beschleuniger oder Verlangsamer) umzugehen, kommt es für Führungskräfte an. Hier entscheidet sich ihre Modernität. Ein Problem liegt darin, dass an das Führungspersonal widersprüchliche Anforderungen gestellt werden, deren Erfüllung sich ausschließt. Hier treten, sagt Vogl, „Masken der Humanität“ an die Stelle des Charakters.
Begegnung mit Joseph Vogl, dem Verfasser von DAS GESPENST DES KAPITALS.
 
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Sehen Sie dazu auch auf dctp.tv:

► Philosophie des Geldes
Philosophie_des_GeldesDer Soziologe Georg Simmel veröffentlichte im Jahr 1900 seine berühmte Schrift „Philosophie des Geldes“. Dirk Baecker interpretiert diese Philosophie, die Geld aus nicht-ökonomischer Perspektive beleuchtet, und erklärt, warum der Markt gleichzeitig ein heiliger und ein verfluchter Ort war.
 
 



► Welchen Roman erzählt die Börse?

boerseProf. Dr. Joseph Vogl über die Poesie, die Reichtum schafft. Was ist Poesie? Börsenwerte und Geld erzählen Geschichten. Das machen auch die Romane. In beiden Medien, im Fiction-Roman und an der Börse, werden Netze der Fantasie gewoben.
Die Romane bewahren diese in den Netzen enthaltene Erfahrung auf. Der Börsencrash dagegen zerreißt das Netz. Der Kulturforscher Prof. Dr. Joseph Vogl von der Bauhaus-Universität Weimar über die Poesie, die Reichtum schafft.
 


► Das Prinzip Kapitalismus
prinzip-kapitalismusFrüchte des Vertrauens
21 Sequenzen über das, was an der Börse nicht gehandelt wird, aber jedem Kapitalismus vorausgeht: Vertrauen. Mit Hannelore Hoger als Börsenastrologin, Joseph Vogl und Helge Schneider, mit Beiträgen von Dirk Baecker, Hans Magnus Enzensberger, Heiner Müller und einem Auftritt von Christoph Schlingensief.
 
 


► Moby Dick und Fukushima
moby-dick-fukushimaDer Kulturwissenschaftler Prof. Dr. Joseph Vogl, Humboldt-Universität Berlin, erhielt große Aufmerksamkeit für sein jüngstes Buch „Das Gespenst des Kapitals“. Im vorliegenden Beitrag interpretiert er ein besonderes Kapitel aus MOBY DICK von Melville. Joseph Vogl stellt dem weißen Wal die Filmfigur Godzilla gegenüber. Diese kommt, wie der Tsunami von Fukushima, aus den Tiefen des Meeres vor Japan. Eine Verknüpfung von literarischer Erzählung und Nachricht.